Die Entwicklung im Mittelmeerraum hat großen Einfluss auf die EU. Der europäische Rat wird sich im Juni mit dem Thema der Flüchtlinge befassen. Ziel der Beratungen ist es, zukünftig auch auf Unvorhersehbares vorbereitet zu sein. Dazu bedarf es eines speziellen Regelwerkes das von allen Ländern zu befolgen ist. Generell soll die Bewegungsfreiheit innerhalb der EU erhalten bleiben. Die Schengen-Regeln dürfen nur im Ausnahmefall ausgesetzt werden. Frontex und Europol können die nationalen Anstrengungen zur Begrenzung der illegalen Einwanderung nur unterstützen. Die EU muss Wege finden die Chancen für die jungen Leute in den nordafrikanischen Ländern selbst zu verbessern. Die Ausführungen van Rompuys zu diesem Thema stießen auf deutliche Kritik der Kollegen von Italien, Malta und UK.
Im Anschluss an den Gedankenaustausch beschloss das Plenum das AdR eine Resolution mit dem Titel „Nach der Revolution: Welche Zukunft für den Mittelmeerraum?“ Streitpunkt war der Vorschlag zur Einrichtung eines speziellen Hilfs-Fonds zur Bewältigung der Einwanderungslasten.
Ein weiterer Schwerpunkt waren die Ausführungen des Vizepräsidenten der Europäischen Kommission Joaquim Almunia zur Zukunft des Beihilferechts im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen. Die europäischen Beihilfen dürfen den Wettbewerb in diesem wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge nicht verzerren. Die Kommission wird bis Dezember 2011 ein Regelwerk vorlegen, das auf bessere Dienstleistungen, einfache Regeln und effiziente Kontrolle zielt. Insbesondere soll klargestellt werden was staatliche Beihilfen sind und was nicht. Große und kleine Unternehmen sind unterschiedlich zu behandeln. Überkompensationen sollen ausgeschlossen werden.
Im weiteren Verlauf verabschiedete das Plenum des AdR Meinungsäußerungen zu den Themen: Zukunft der gemeinsamen Agrarpolitik, Qualitätsregeln für Agrarerzeugnisse und zum Milchpaket. Die Behandlung dieser landwirtschaftlichen Themen zeigte erneut, dass die deutschen Standpunkte nur in Ausnahmefällen mehrheitsfähig sind. Änderungsanträge der deutschen EVP Abgeordneten wurden in ihrer weit überwiegenden Zahl abgelehnt.
Im Zentrum der EVP Sitzung vom 11.5.2011 standen die Ausführungen des stellvertretenden Direktors des Brüsseler Zentrums für europäische Studien Roland Freudenstein zum „Arabischen Frühling“. Seiner Meinung hinkt ein Vergleich mit der 1989-er Revolution in Mittel- und Osteuropa. Auslöser des Umbruches 1989 war der wirtschaftliche Zusammenbruch, im arabischen Raum richtet sich der Unmut gegen überkommene Staatsstrukturen und den Mangel an Demokratie und Menschenrechten.
Trotzdem es in Ägypten und Tunesien keinen Weg zurück geben wird, kann der Erneuerungsprozess durchaus noch stecken bleiben. Experten nennen jährliche Wachstumsraten von 8% um die dringendsten sozio-ökonomischen Probleme lösen zu können.
Er stellte fest, dass die EU früher möglicherweise in den arabischen Ländern die falschen Partner hatte. Darauf sollte die EU nun fundamental reagieren und seine Nachbarschaftspolitik verbessern. Jegliche Hilfen müssen dem Prinzip der Konditionalität genügen. Kriterien sind unter anderem Demokratie und Menschenrechte. Grundsätzlich sollten positive Ansätze unterstützt werden.
Zur Zurückdrängung der illegalen Immigration sollten folgende Regeln gelten:
- Hilfestellung beim Aufbau demokratischer Strukturen über Stiftungen und Wahlhilfe
- Akzeptanz der vorhandenen Parteifamilien
- Gemeinsame Visapolitik als Schutz vor illegaler Einreise
- Besondere Rolle der transformationserfahrenen osteuropäischen Länder
- Betonung universeller Werte anstelle westlicher Werte
Darüber hinaus verständigte sich die Fraktion über den Umgang mit Weißrussland.
Heinz Lehmann MdL, Mitglied des AdR, 25.5.2011