Rückblick: Berichtenswertes seit dem 114. AdR-Plenum (12./13./14. Oktober 2015)
Als Mitglied der EVP-Fraktion im Ausschuss der Regionen besuchte Herr Heinz Lehmann MdL vom 21. bis 22. Oktober 2015 den EVP-Kongress („EPP 2015 Statutory Congress“) in
Madrid (ES), der unter dem Titel „Making EU Investments Work in Regions and Cities“ veranstaltet wurde.
Vom 5. bis 7. November 2015 nahm Herr Lehmann MdL als Mitglied der AdR-Arbeitsgruppe „Türkei“ an deren Sitzung in Izmir (TR) teil. Am 16. November 2015 veranstaltete der Ausschuss der Regionen einen „Tag der Erweiterung“ in Brüssel, an dem alle mit Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik befassten Arbeitsgruppen bzw. Gemischt beratenden Ausschüsse zusammen tagten – Herr Lehmann MdL partizipierte als Mitglied der Arbeitsgruppe „Türkei“.
Des Weiteren besuchte er vom 11. bis 12. November 2015 das auswärtige Seminar der
Fachkommission für Wirtschaftspolitik (ECON) zum Thema „Aufwertung der Verbindung zwischen Hochschule und Kleinunternehmen zur Ankurbelung des Wachstums“ in Le Mans (FR). In Vertretung nahm Herr Lehmann MdL am 19. November 2015 an der Sitzung der Fachkommission für Sozialpolitik, Bildung, Beschäftigung, Forschung und Kultur (SEDEC) teil. Zwei Stellungnahmen wurden erörtert und mit jeweils großer Mehrheit angenommen, sodass diese auf der 116. Plenartagung des AdR (10./11. Februar 2016) zur Abstimmung stehen werden: „Wiedereingliederung Langzeitarbeitsloser in den Arbeitsmarkt“, „Jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa“. Ferner führten die Mitglieder eine Debatte über „Förderung von Inklusion und Chancengleichheit durch Investitionen in die Bildung mit dem Ziel einer nach oben ausgerichteten sozialen Konvergenz“.
Herr Lehmann MdL besuchte am 20. November 2015 die Sitzung der Fachkommission für Umwelt, Klimawandel und Energie (ENVE). Zu drei Stellungnahmen fand ein Meinungsaustausch statt – deren Erörterung und Annahme ist für die nächste Fachkommissionssitzung am 24. Februar 2016 geplant: „Prospektivstellungnahme zum EU-Umweltrecht: Verbesserung der Berichterstattung und Einhaltung“, „Mitteilung der Kommission – Verbesserte Möglichkeiten für die Energieverbraucher“, „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Verbesserung der Kosteneffizienz von Emissionsminderungsmaßnahmen und Investitionen in CO2-effiziente Technologien“. Darüber hinaus sprachen sich die Mitglieder der ENVE-Fachkommission mehrheitlich (46 Ja- gegen 22 Nein-Stimmen) für eine Erklärung zum VW-Abgasskandal aus, in der strengere EU-Emissionsgrenzwerte und Entschädigungen für lokale und regionale Gebietskörperschaften gefordert werden. Neben anderen EVP-Mitgliedern hatte sich Herr Lehmann MdL vergeblich gegen die Verabschiedung der Erklärung ausgesprochen. Aufgrund der Pauschalität und Schärfe des Papiers sowie aus grundsätzlichen Zweifeln an dessen Geschäftsordnungsmäßigkeit hatte er das Papier mit Nachdruck abgelehnt.
Vom 03. bis 04. Dezember 2015 tagte das Plenum des Ausschusses der Regionen. Für den Freistaat Sachsen nahm das Mitglied Herr Lehmann MdL teil, der bis Mitte 2017 zum Vorsitzenden der Deutschen Delegation im AdR gewählt wurde. Im Zentrum der 115. Plenartagung standen die Erörterung und Verabschiedung von acht Stellungnahmen, einer Entschließung sowie zwei Meinungsaustausche mit EU-Kommissaren.
Zu TOP 4: Zukunftsvision der Städte und Regionen für 2050
Auf Initiative der luxemburgischen Ratspräsidentschaft erarbeitete der Ausschuss der Regionen eine Stellungnahme zur „Zukunftsvision der Städte und Regionen 2050“, die Oldřich Vlasák (CZ/EKR) rapportierte. Nach Abstimmung von 33 Änderungsanträgen nahm das Plenum die Initiativstellungnahme einstimmig an. Herr Lehmann MdL brachte zwei Änderungsanträge ein: der Antrag 4 fand eine Mehrheit bei den Mitgliedern, der Antrag 7 ging im Änderungsantrag 7R des Berichterstatters auf. In dem Papier betonen die AdR-Mitglieder: Die Europäische Union bedürfe über 15 Jahre nach der Annahme des Europäischen Raumentwicklungskonzepts einer neuen Vision für Städte und Regionen. Dafür sei eine europaweite Konsultation zu starten sowie ein Weißbuch zum territorialen Zusammenhalt nach 2020 zu initiieren. Dieses Zukunftskonzept müsse über einen reinen Raumentwicklungsplan hinausgehen, die Idee des territorialen Zusammenhalts in konkrete politische Leitlinien umsetzen, auf die wichtigsten Herausforderungen und weltweiten Trends für Städte und Regionen Antworten finden, allen europäischen Politikbereichen mit territorialer Dimension Orientierung geben und auf den Grundsätzen von Subsidiarität und Multi-Level-Governance basieren. Rechnung sei dem Umstand zu tragen, dass immer mehr Menschen in der Europäischen Union in städtischen Gebieten leben, und den Problemen, die sich daraus sowohl für Städte als auch für den ländlichen Raum ergeben. Zudem hätten die regionalen Disparitäten – nicht zuletzt aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise – in den letzten Jahren europaweit wieder zugenommen. Die AdR-Mitglieder fordern darüber hinaus, den Rechtsrahmen der europäischen Struktur- und Investitionsfonds unter enger Mitwirkung der Städte und Regionen signifikant zu vereinfachen. Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten sollten die grenzübergreifende Zusammenarbeit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften breit unterstützen, da diese sich als entscheidende Kraft für Wachstum und Entwicklung von Grenzregionen erwiesen hätte.
Zu TOP 6: Die Europäische Migrationsagenda
Die Berichterstattung zur Stellungnahme „Die Europäische Migrationsagenda“ oblag François Decoster (FR/ALDE). Nach Erörterung von 105 Änderungsanträgen erfolgte mehrheitlich die Annahme im Plenum – der Änderungsantrag 23 von Herrn Lehmann MdL war nicht erfolgreich. Die Initiativstellungnahme zur Migrationsagenda der Europäischen Kommission bekräftigt: Der Ansatz für Migration in der Europäischen Union muss langfristig tragfähig sein, auf Solidarität beruhen und die Menschenrechte achten. Es müssen alle Aspekte von Migration Berücksichtigung finden, wozu humanitäre Verpflichtungen, Asylbewerber und Wirtschaftsflüchtlinge gleichermaßen zählen. Neben einem verstärkten Management der europäischen Außengrenzen schlägt die Stellungnahme vor, der Ausschuss der Regionen und die Europäische Kommission sollten jährlich einen Integrationsdialog organisieren, um Leitlinien für eine gelingende Integration für lokale und regionale Gebietskörperschaften zu suchen und aufzustellen. Für die Lösung der Flüchtlings- und Asylkrise seien nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die Städte und Regionen Europas aktiv einzubeziehen. Um ihren Verpflichtungen in Bezug auf Migration und Integration nachzukommen, müsse der Unionshaushalt mehr Mittel für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bereithalten. Gemäß der Stellungnahme sollten am Ende Ergebnisse der Novellierung der DublinVerordnung sein: ein europaweit verbindlicher Schlüssel für die Verteilung der Asylsuchenden, die gegenseitige Anerkennung positiv entschiedener Asylanträge sowie ein allgemeiner europäischer Zuwanderungskodex. Dagegen bedauern die AdR-Mitglieder die zögerliche Umsetzung und den geringen Umfang der beschlossenen Umsiedlungsmaßnahmen und fordern die Mitgliedstaaten auf, ihren Verpflichtungen hinreichend nachzukommen. Außerdem erkennt die Stellungnahme einen Zusammenhang zwischen der Qualität bzw. dem Umfang der Entwicklungspolitik und den steigenden Zahlen der Flüchtlinge. Konkludierend sollte die Entwicklungshilfe der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten auf 0,7 Prozent des Sozialproduktes angehoben werden.
Zu TOP 8: Entschließung zum Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission 2016
Der Entwurf einer Entschließung zum Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission 2016 wurde gemeinsam von den fünf Fraktionen im AdR vorgelegt – von EVP, SPE, ALDE, EA und EKR. Herr Lehmann MdL beteiligte sich mit drei Änderungsanträgen: die Anträge 13 und 26 wurden angenommen, der Antrag 4 abgelehnt. Nach der Abstimmung von 31 Änderungsanträgen votierten die AdR-Mitglieder mehrheitlich für den Entwurf. Die Entschließung unterstreicht, die Berücksichtigung der territorialen Dimension sei unerlässlich, um die Ziele der Strategie Europa 2020 zu erreichen. Dazu müssten die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften am Prozess des Europäischen Semesters beteiligt und die territoriale Folgenabschätzung zu einem verbindlichen Element der Politikbewertung der EU-Kommission entwickelt werden. Bei der Überprüfung des Mehrjährigen Finanzrahmens sei frühzeitig der Dialog mit dem AdR zu suchen, um sicherzustellen, dass die EU-Politiken zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt verlässlich beitragen. Des Weiteren fordern die AdR-Mitglieder von der Kommission u. a.: ein Weißbuch für eine EUStädteagenda vorzulegen, da die dringende Notwendigkeit eines stärker integrierten Ansatzes von Politik und Rechtsvorschriften in diesem Bereich bestehe; den Vorschlag der luxemburgischen Ratspräsidentschaft für ein „Europäisches Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit speziellen Bestimmungen für Grenzregionen“ zu prüfen; die europäische Zusammenarbeit im Energiebereich voranzutreiben und den Beitrag der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei den Strategien für eine Energieunion ausdrücklich anzuerkennen; gegen Lebensmittelverschwendung Maßnahmen zu treffen, um diese bis 2025 um mindestens 30 Prozent zu senken. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften messen der Umsetzung des digitalen Binnenmarkts zentrale Bedeutung bei – insbesondere hinsichtlich der Chancen für ländliche, abgelegene Gebiete und im Allgemeinen für Regionen mit Entwicklungsrückständen. Hinsichtlich der anstehenden Überarbeitung der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie fordert die Entschließung eine Klarstellung, unter welchen Bedingungen eine Nichtbesteuerung öffentlich-rechtlich ausgestalteter interkommunaler Zusammenarbeit als unionsrechtskonform angesehen werden kann. Außerdem wiederholt der AdR seine Forderung, die demokratisch gewählten Vertreter der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und ihre repräsentativen Verbände von den Bestimmungen des Transparenzregisters, das für die Regelung des Zugangs von Lobbygruppen zu den EUInstitutionen gedacht ist, auszunehmen.
Zu TOP 9: Normen für das Arbeitsentgelt in der EU
Mick Antoniw (UK/SPE) verantwortete den Stellungnahmeentwurf. Insgesamt 50 Änderungsanträge standen zur Diskussion, wobei der von Herrn Lehmann MdL eingebrachte Antrag 27 als Änderungsantrag des Berichterstatters 24R erfolgreich war. Am Ende wurde das Papier mit Mehrheit angenommen. Die Stellungnahme konstatiert, Armut und soziale Ungleichheiten haben seit der Wirtschaftskrise in der Europäischen Union zugenommen, nicht zuletzt hat die Austeritätspolitik in etlichen Mitgliedstaaten diese Entwicklung verschärft. Die Stellungnahme empfiehlt den Mitgliedstaaten, einen gerechten Richtlohn festzulegen, der sich an 60 Prozent des nationalen Medianlohns als Bezugswert orientiert und auf Referenzbudgets basiert, nämlich auf einem Paket von Waren und Dienstleistungen, die ein Mensch benötigt, um auf angemessenem Niveau leben zu können. Die AdR-Mitglieder bewerten, gerechte Lohnstrukturen seien wichtige wirtschaftliche Stabilisatoren und Schlüsselinstrumente, welche die nicht-preisliche Wettbewerbsfähigkeit stärken und somit als maßgebliche Motoren des Wirtschaftswachstums funktionieren und Stagnation entgegen wirken. Ein gerechter Lohn in Verbindung mit Beschäftigungsbestimmungen und -bedingungen sowie ein adäquates Sozialsystem schaffen die Voraussetzungen für einen fairen Wettbewerb zwischen den EU-Mitgliedstaaten, sodass diese sich nicht in einem „Wettbewerb um niedrigere Standards“ und im Rahmen von „Sozialdumping“ unterbieten. Außerdem sei zur Sicherung der Einkommen der Haushalte über die Einführung eines europäischen Verfahrens für Schuldenmanagement nachzudenken, in dem u. a. die Voraussetzungen für eine Enteignung von Grundeigentum festgelegt werden. Die AdR-Mitglieder appellieren, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sollten in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie ihren Beschäftigten gerechte Löhne zahlten, und den Austausch bewährter Methoden auf EU-Ebene fördern.
Zu TOP 10: Die Rolle der Sozialwirtschaft bei der Wiederherstellung von Wirtschaftswachstum und der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit
Nach Abstimmung von 34 Änderungsanträgen billigte das Plenum die von Luís Gomes (PT/EVP) erarbeitete Initiativstellungnahme mit großer Mehrheit. Das Dokument betont, die Sozialwirtschaft – u. a. Verbände, Stiftungen, Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften – sei ein Schlüsselfaktor für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung und den territorialen Zusammenhalt innerhalb der Europäischen Union. Aufgrund ihres Engagements und ihres Grades an lokaler Verwurzelung sei sie weniger anfällig für Standortverlagerungen und böte Mitarbeitern eine größere Arbeitsplatzsicherheit, was Teil ihrer Unternehmensverantwortung ist. Die Stellungnahme fordert die Kommission auf, einen Rechtsrahmen zu konstituieren, um einheitliche Begriffsbestimmungen für verschiedene Formen sozialwirtschaftlicher Organisationen in der Europäischen Union zu definieren, sodass diese auf einer gesicherten Rechtsgrundlage arbeiten und vom gemeinsamen Binnenmarkt profitieren können. Des Weiteren sollte die Kommission sich bei der Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf sozialwirtschaftliche Unternehmen flexibel zeigen und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der verhältnismäßigen Auslegung dieser Vorschriften unterstützen. Außerdem sollten die Kommission und die Mitgliedstaaten – angesichts der überwiegend lokalen und regionalen Ausrichtung der Tätigkeiten der sozialwirtschaftlichen Organisationen – den Städten und Kommunen eine maßgebliche Rolle bei der Festlegung von Programmen und Maßnahmen für die Sozialwirtschaft zu billigen.
Zu TOP 11: Die lokale und regionale Dimension der Wirtschaft des Teilens
Benedetta Brighenti (IT/SPE) erarbeitete die Initiativstellungnahme zum Thema „Sharing Economy“. Nach der Erörterung von 18 Änderungsanträgen wurde der Entwurf mit großer
Mehrheit angenommen. Die „Sharing Economy“ konstituiert sich aus sozialen Verhaltensweisen wie Teilen, Zusammenarbeit und Kooperation; aufgrund ihrer dynamischen und innovativen Natur entzieht sich das Phänomen einer endgültigen Definition. Kennzeichnend sind ein Akteurshandeln jenseits des klassischen Modells des homo oeconomicus, auf Vertrauen und Beziehungen respektive Ansehen aufbauende Plattformstrukturen sowie eine ausgeprägte Nutzung digitaler Technologien. Für die „Wirtschaft des Teilens“ steht nicht länger der Verbraucher im Mittelpunkt, der etwas besitzen oder eine Dienstleistung erwerben möchte, sondern der Bürger, der Hersteller, Produzent, Urheber, „digitaler Handwerker“ bzw. Mitarbeitender ist und eine Dienstleistung oder einen Vermögenswert anbietet oder in Anspruch nehmen will. Das klassische volkswirtschaftliche Modell, die klare Unterscheidung zwischen Verbrauchern und Produzenten, wird dergestalt in Frage gestellt. Die lokalen und regionalen
Gebietskörperschaften sollten „Sharing Economy“-Initiativen unterstützen, die positive soziale, ökonomische oder ökologische Auswirkungen auf die Gesellschaft haben – wie z. B.: Gemeinschaftsbildung, Inklusion, Nichtdiskriminierung, lokale Wirtschaftsentwicklung, Jungunternehmertum, persönliche Solidaritätsbeziehungen oder Umweltbewusstsein. Gleichwohl dürften die Tätigkeiten im Rahmen der „Wirtschaft des Teilens“ nicht zu Steuervermeidung und unlauterem Wettbewerb führen oder gegen subnationale, nationale oder europäische
Vorschriften verstoßen. Generell seien für die von der „Wirtschaft des Teilens“ betroffenen Branchen passgenaue gesetzgeberische Akte auf europäischer Ebene zu implementieren, um Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen zu gewährleisten. Die Regulierungen sollten sektoral sein und der jeweiligen Größenordnung der Initiative entsprechen. Alles in allem empfiehlt die Stellungnahme der Kommission, eine EUAgenda zur „Wirtschaft des Teilens“ zu entwerfen. Im Sinne eines holistischen Ansatzes sei die „Sharing Economy“ als ein wirtschaftliches, politisches wie soziales Phänomen zu begreifen, das einer umfassenden ordnungspolitischen Betrachtung bedürfe.
Zu TOP 12: Eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union
Die Initiativstellungnahme zur Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union rapportierte Jean-Luc Vanraes (BE/ALDE). Das Plenum stimmte insgesamt 41 Änderungsanträge ab und nahm am Ende den Stellungnahmeentwurf an. Die AdR-Mitglieder betonen: Die derzeitigen Vorschriften über die Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union seien überaus komplex, es fehle an Koordinierung und Komplementarität zwischen den nationalen Steuersystemen. Leitideen der Reform zur Unternehmensbesteuerung sollten vor allem die Wiederherstellung der Kongruenz von Besteuerungsort und Ort der Wirtschaftstätigkeit sein sowie die Gewähr, dass die Mitgliedstaaten die Unternehmenstätigkeit in ihrem Hoheitsgebiet steuerlich korrekt bewerten. Auf der einen Seite sollen schädlicher Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten minimiert, grenzüberschreitend-tätige Unternehmen entlastet und der europäische Binnenmarkt gestärkt werden. Auf der anderen Seite sollen die unzulässigen Praktiken der Steuerhinterziehung, der illegalen Steuervermeidung und die Strategien "aggressiver Steuerplanung" multinationaler Unternehmen eingedämmt werden. OECDStudien zufolge zahlten multinationale Unternehmen nur rund fünf Prozent Steuern auf ihre Gewinne, kleinere Unternehmen hingegen bis zu 30 Prozent. Weiterhin unterstützen die AdR-Mitglieder den Vorschlag der Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, die maßgeblich eine Vereinheitlichung des Rechtsrahmens bewirken soll. Da die Verhandlungen als schwierig und langwierig beurteilt werden, begrüßen sie den Ansatz der Kommission, die Konsolidierung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, um die Verhandlungen über die anderen Elemente, insbesondere die Festlegung einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage, nicht zu blockieren. Außerdem lobt die Stellungnahme den Aktionsplan der OECD-Initiative zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS, Base erosion and profit shifting), an dem 62 Staaten beteiligt sind. Die Stellungnahme fordert allerdings, die vom BEPS-Aktionsplan vorgesehene automatische Berichterstattung der Steuerverwaltungen solle nicht nur für den Hauptsitz der Unternehmen, sondern auch für ihre Niederlassungen in anderen Staaten gelten.
Zu TOP 13: Die lokale und regionale Dimension des Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (TiSA)
Die Berichterstattung zu dieser Initiativstellungname oblag Helmuth Markov (DE/SPE). Nach der Diskussion von 30 Änderungsanträgen wurde das Papier mit Mehrheit beschlossen.
Hinter TiSA („Trade in Services Agreement“) verbirgt sich ein Handelsabkommen, das seit Anfang 2013 von aktuell 51 Mitgliedern der Welthandelsorganisation (WTO) einschließlich der Europäischen Union ausgehandelt wird. Im Kern geht es um die Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen, vor allem um die Beseitigung von Hemmnissen für Erbringer von Dienstleistungen in anderen Ländern. In der Europäischen Union entfallen rund 68 Prozent der Arbeitskräfte auf den Dienstleistungssektor, 10 Millionen Arbeitsplätze hängen vom Export von Dienstleistungen ab. Die Stellungnahme lehnt jegliche Einschränkungen der Regulierungshoheit von Regierungen bzw. lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in folgenden Bereichen ab: Bildung, Kultur, Theater, audiovisuelle Dienste, Bibliotheken, Museen, Arbeitsschutz, Umweltschutz, Datenschutz, öffentliche Sozial- und Gesundheitsleistungen, Abfallentsorgungsanlagen, Kraftwerke, Verbraucherschutz, Schulen, Bildungsdienstleistungen und öffentliches Vergabewesen. Die AdR-Mitglieder begrüßen die Auffassung der Kommission, dass im Hinblick auf die Nichtdiskriminierung eine Negativliste mit Bereichen, die von dem Abkommen ausgeschlossen sind, Anwendung finden soll; im Hinblick auf den Marktzugang soll jedoch eine Positivliste gelten. Das Recht auf Regulierung im öffentlichen Interesse der europäischen, nationalen und subnationalen Behörden sei uneingeschränkt anzuerkennen. Weiterhin lehnen sie die Aufnahme von Klauseln ab, die Körperschaften dazu verpflichten, den zum Zeitpunkt des Abkommens erreichten Liberalisierungsstatus zu bewahren („Stillhalteklauseln“); die eine Rückführung einer liberalisierten Dienstleistung in die öffentliche Hand verbieten („Ratchetklauseln“); die jede neue Dienstleistung automatisch und vollständig der Liberalisierung unterwerfen („Zukunftssicherungsklauseln“). Für die Erbringung von Dienstleistungen sollte das „Bestimmungslandprinzip“ verbindlich gelten, wonach das Arbeits-, Steuer- und Tarifrecht maßgeblich ist, in dem die Dienstleistung erbracht wird. Des Weiteren spricht sich die Stellungnahme dafür aus, Rechtsstreitigkeiten, welche die Einhaltung dieses Abkommens betreffen, seien vor öffentlichen Gerichten am Sitz, in der Sprache und nach geltender Rechtslage des Landes des Beklagten zu führen. Verfahren zur Beilegung zwischenstaatlicher Streitigkeiten seien gemäß dem WTO-Verfahren zu regeln.
Zu TOP 15: Die Zukunft des Bürgermeisterkonvents
Kata Tuttő (HU/SPE) verantwortete den Stellungnahmeentwurf. Das AdR-Plenum stimmte insgesamt 16 Änderungsanträge ab und nahm den Entwurf mit Mehrheit an. Beim Bürgermeisterkonvent handelt es sich um eine im Jahr 2008 ins Leben gerufene europäische Bewegung lokaler und regionaler Gebietskörperschaften, die zum Ziel der Europäischen Union, die CO2-Emissionen bis 2020 um 20 Prozent zu reduzieren, beitragen wollen. Durch den Einsatz erneuerbarer Energien und Energieeffizienz-Maßnahmen verpflichten sich die Unterzeichner – inzwischen über 6.000 Städte und Kommunen, sächsische Städte und Gemeinden sind allerdings nicht beteiligt –, zu einer Verringerung von CO2-Emissionen um durchschnittlich 28 Prozent. Außerdem reicht der Kreis der Unterzeichner mittlerweile über die Europäische Union hinaus und umfasst Gebietskörperschaften aus über 50 Staaten. Im Zentrum der Bemühungen stehen die Verbesserung der Energieeffizienz öffentlicher Gebäude, die Modernisierung der öffentlichen Beleuchtung und die Entwicklung des städtischen Nahverkehrs. Die AdR-Mitglieder fordern die Kommission auf, den Fortbestand des Bürgermeisterkonvents nach 2020 zu garantieren und ausreichende Mittel bereitzustellen. Insbesondere kleinere Städte und Gemeinden gelangten schwer an EU-Mittel, meist aus Unkenntnis über bestehende Finanzierungsmöglichkeiten bzw. wegen unzureichender Kapazitäten für die Ausarbeitung finanzierungsfähiger Projekte. Deshalb müsse die Kommission wie der Bürgermeisterkonvent selbst wirksam über verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten (z. B. EFSI, EIAH oder ELENA als Instrumente der Europäischen Investitionsbank) und Unterstützungsleistungen bei der Projektbeantragung informieren – zu veröffentlichen in einer jährlich aktualisierten, verständlich und in allen EU-Amtssprachen verfassten Broschüre.
Darüber hinaus sollte die Kommission intensiv für die erfolgreichen Grundsätze und Verfahren des Bürgermeisterkonvents außerhalb der Europäischen Union werben und im Interesse der Klimaziele auch für subnationale Initiativen und Kooperationen außerhalb der Europäischen Union eintreten.
Zu TOP 16: Beitrag zum Fitness-Check der Vogelschutzrichtlinie und der Fauna-Flora-
Habitat-Richtlinie
Nach Abstimmung von sieben Änderungsanträgen billigte das AdR-Plenum den Stellungnahmeentwurf mehrheitlich, der von Roby Biwer (LU/SPE) erarbeitet wurde. Ziele der Vogelschutzrichtlinie und der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie sind die Erhaltung der biologischen Vielfalt und der natürlichen Lebensräume, der Schutz und die Verbesserung der Umwelt. Da den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der Naturschutzrichtlinien zukommt, bezieht die AdR-Stellungnahme zum laufenden REFITVerfahren der Kommission folgendermaßen Stellung: Die Naturschutzrichtlinien adressierten alle wesentlichen Bedrohungen der Tier- und Pflanzenarten, ihrer Habitate und Lebensraumtypen. Allerdings seien diese noch nicht in allen Mitgliedstaaten vollständig implementiert, teilweise stünde die rechtliche Sicherung von Natura-2000-Gebieten aus, teilweise fehlten Managementpläne und die Umsetzung konkreter Schutzmaßnahmen. Die Stellungnahme konstatiert, der Zustand der Tier- und Pflanzenarten, ihrer Habitate und Lebensraumtypen hätte sich nachweislich in den Gebieten verbessert, in denen die Naturschutzrichtlinien umgesetzt worden seien. Es sei davon auszugehen, dass sich die Ziele der Naturschutzrichtlinien mittels deren vollständiger Umsetzung erreichen lassen. Außerhalb der durch die Naturschutzrichtlinien geschützten Bereiche sei die Entwicklung der Biodiversität dagegen negativ – sichtbar etwa an dem dramatischen Verlust weitverbreiteter Vogelarten. Angesichts der illegalen Tötung bzw. des Fangs von Vogel- und anderen Tierarten und der Zerstörung von Natura-2000-Gebieten fordern die AdR-Mitglieder größere Anstrengungen von den regionalen, nationalen und europäischen Behörden bei der Überwachung und Einhaltung der umwelt- und naturschutzrechtlichen Vorgaben. In der Praxis liegen die Probleme beim Arten- und Naturschutz meist nicht in den Naturschutzrichtlinien selbst begründet, sondern in der lokalen, regionalen und mitgliedstaatlichen Umsetzung. Insgesamt erbrachten die Natura2000-Gebiete bedeutsame Ökosystemdienstleistungen auf lokaler und regionaler Ebene: CO2-Speicherung, Hochwasserrückhaltung, Wasser- und Luftreinigung oder Verminderung der Bodenerosion. Die Stellungnahme erachtet das Kosten-Nutzen-Verhältnis als ausgezeichnet, denn die ökologischen, sozialen und ökonomischen Erträge überstiegen die Umsetzungskosten der Naturschutzrichtlinien bei weitem. Im Ganzen seien die FFH- und die Vogelschutzrichtlinie exzellente Beispiele einer konzentrierten, verständlichen, widerspruchsfreien wie systematisch aufgebauten Gesetzgebung, die sich von den Aufgaben her sinnvoll ergänzen, um das Schutzregime Natura 2000 zu konstituieren. Allerdings seien andere EUPolitikbereiche – die Gemeinsame Agrar- und Fischereipolitik oder die Energie- und Verkehrspolitik – nach wie vor nicht auf den Erhalt der Biodiversität verpflichtet.
Die nächste AdR-Plenartagung findet vom 10. bis 11. Februar 2016 in Brüssel statt.
Ausblick: Berichtenswertes seit dem 115. AdR-Plenum (03./04. Dezember 2015)
Am 10. Dezember 2015 besuchte Herr Lehmann MdL die Sitzung der Fachkommission für Wirtschaftspolitik (ECON) in Brüssel. Zu zwei Stellungnahmen erfolgte ein Meinungsaustausch, die in der nächsten Sitzung am 29. Februar 2016 erörtert und verabschiedet werden sollen: „Gemeinsam für Beschäftigung und Wachstum: Der Beitrag nationaler und regionaler
Förderbanken im Rahmen der Investitionsoffensive für Europa“, „Folgemaßnahmen zu dem Bericht der fünf Präsidenten: Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden“. Zudem diskutierten die Mitglieder mit EU-Kommissar Pierre Moscovici – zuständig für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll – über den Jahreswachstumsbericht 2016, das Europäische Semester und Entwicklungen der Wirtschafts- und Währungsunion. Dazu erörterten sie einen von allen Fraktionen getragenen Entschließungsentwurf zum Jahreswachstumsbericht 2016, der auf der 116. AdR-Plenartagung verabschiedet werden soll.
Am 11. Dezember 2016 partizipierte vertretungsweise Herr Lehmann MdL an der Sitzung der Fachkommission für Kohäsionspolitik und EU-Haushalt (COTER). Ein Stellungnahmeentwurf wurde erörtert und angenommen, der somit zur Verabschiedung auf der 116. Plenartagung ansteht: „Indikatoren für die territoriale Entwicklung – über das BIP hinaus“. Zu einem weiteren Stellungnahmeentwurf fand ein Meinungsaustausch statt: „Konkrete Schritte zur Umsetzung der EU-Städteagenda“. Darüber hinaus diskutierten die Mitglieder mit der stellvertretenden Generalsekretärin der OECD, Mari Kiviniemi, über den aktuellen Stand und die künftige Zusammenarbeit zwischen AdR und OECD.
Die nächste Sitzung der Fachkommission ENVE wird am 24. Februar 2016 in Brüssel stattfinden; die nächste Sitzung der Fachkommission ECON am 29. Februar 2016 ebenfalls in Brüssel.