In Vertretung des Präsidenten des Ausschusses der Regionen (AdR), Karl-Heinz Lambertz, stellte Heinz Lehmann, Mitglied des sächsischen Landtages, am 1.2.2018 die Positionen des AdR zur Industriepolitik auf dem informellen Wettbewerbsfähigkeitsrat in Sofia vor. Er stützte sich dabei auf die von ihm vorgelegte Stellungnahme „Eine europäische Industriestrategie: Rolle und Perspektive der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften“. Lehmann unterstützt einen raumbezogenen Ansatz der europäischen Industriepolitik. Die Lebensqualität in allen Regionen, städtisch, ländlich, zentrumsnah oder -fern, werde vom Vorhandensein qualifizierter Arbeitsplätze bestimmt und diese gelte es, überall zu fördern. Insbesondere gehe es um die industriellen KMU, die in allen Regionen entstehen und wachsen sollen.
Vehement forderte Heinz Lehmann, dass Rechtsetzungsprojekte der Kommission in allen Politikbereichen auf mögliche Auswirkungen auf die industrielle Entwicklung zu prüfen seien. Zudem war ihm ganz wichtig, dass die europäische Industrie unbedingt ihre Technologiesouveränität bewahren oder wiedererlangen müsse.
Die für Industriepolitik zuständige Kommissarin Elżbieta Bieńkowska brachte nach der Mitteilung der Kommission zur Industriepolitik drei Botschaften für den Rat mit:
1. Es gehe jetzt um die Umsetzung der Strategie zur Industriepolitik.
2. Es gelte beim zukünftigen Mehrjährigen Finanzrahmen die richtigen Entscheidungen zu treffen.
3. Die Vision für eine langfristige Industriepolitik sei notwendig.
Der deutsche Vertreter, Markus Heß, setzte sich für eine Industriestrategie bis 2030 ein. Er bezog sich dabei auf ein Non-Paper, das Deutschland und Luxemburg gemeinsam erarbeitet haben. Es gehe darum, für Europa wichtige Schlüsseltechnologien zu fördern. Dazu zähle auch die von Herrn Lehmann erwähnte Mikroelektronik.
Markus Heß beschrieb fünf Handlungsfelder:
1. Umfassende Betrachtung der Digitalisierung mit ihren Auswirkungen in allen Bereichen
2. Zukunft der Mobilität, z.B. mit alternativen Energien
3. „grüne“ Technologien, Bewahrung der Führungsrolle der europäischen Industrie
4. Dekarbonisierung
5. Ausbildungsoffensive im Bereich digitaler Bildung
Der Fachkräftemangel oder ganz konkret das Fehlen von digitalen Kompetenzen zog sich wie ein roter Faden durch die Debatte. Von nahezu allen Mitgliedstaaten wurden hier vermehrte und auch gemeinsame Anstrengungen gefordert: vom Kindergarten bis zur Universität. Für den österreichischen und den Schweizer Vertreter war eine Aufwertung der dualen Bildung von besonderer Wichtigkeit.
Ein weiterer Diskussionsstrang bezog sich auf neue Geschäftsmodelle, von denen man zurzeit noch nicht sagen könne, wie sie letztlich aussehen werden, nur den Wandel könne man schon jetzt beobachten.
Am Rande sei noch bemerkt, dass Frankreich eine Kohlendioxidsteuer in Erwägung zieht und Ungarn darauf aufmerksam machte, dass nicht mehr die großen deutschen Automobilkonzerne das meiste Geld in Forschung und Entwicklung investieren würden, sondern heute Amazon auf dem ersten Platz stehe, Volkswagen folge erst auf Platz 6.
Die Mitgliedstaaten betonten, dass es wichtig ist, die Industriepolitik auf die Agenda gesetzt zu habe. Nur müsse sie dort auch bleiben und mit Maßnahmen untersetzt werden. Es wurde die Befürchtung geäußert, dass über dem Brexit und den Neuwahlen zum Europaparlament die Industriepolitik ihren Rang wieder verlieren könne.