Aus der Wirtschaft erreichen uns gegenwärtig in der Tat unterschiedliche Botschaften.
Während es den in der Regel multinationalen Kapitalgesellschaften mit Sitz in Deutschland, zumindest gemessen an den Bezügen der Top Manager, gut zu gehen scheint , haben die Mittelständler wie sie für Sachsen typisch sind ordentlich zu kämpfen.
Die Herausforderungen die parallel oder in regelmäßigen Abständen auf die Firmen zu kommen sind nicht von Pappe.
Erst mussten sie sich in die neue Marktwirtschaft hinein finden, sie mussten Helfer von Scharlatanen unterscheiden lernen.
Unmittelbar darauf kamen die Erfordernisse der Globalisierung ins Spiel,
die Bankenprobleme aus Fernost beeinflussten über einige Zwischenstationen das Verhalten der Hausbanken, eine Entwicklung die nun in Gestalt von Basel II bei und angekommen ist.
Parallel dazu schien die IT- Blase ins Unermessliche zu wachsen.
Der amerikanische Weg war en vogue :
Start mit einem venture capital, danach bei Bedarf ein mezzanine loan und kurz darauf going publik an der Börse.
Die Kurse are hitting trough the roof und alle werden reich und happy.
Für viele Banken erschien das Firmenkundenkreditgeschäft eine lästige Übung aus vergangener Zeit.
Vermögensverwaltung und Anlageberatung schienen die gewinnbringenden Felder der Zukunft.
Dann kam der Euro, nun die EU- Erweiterung.
Inzwischen verbraucht China die Massenstähle selber die es produziert die Stahlpreise haben sich verdoppelt, für manche Qualitäten gibt es Lieferzeiten von 200 Tagen.
Dazu kommt nun noch der Ölpreis.
Alle diese Herausforderungen haben die sächsischen Firmen, die heute noch am Markt sind erfolgreich bestanden.
Dafür meinen ausdrücklichen Respekt.
Manches von dem, worüber wir uns heute freuen, wäre ohne die vielfältigen Hilfen der EU, des Bundes und des Landes nicht möglich geworden.
Die Herausforderungen haben aber kein Ende.
Parallel zur EU- Erweiterung, die nun auch substanzielle Hilfen aus Brüsseler Kassen zu unseren direkten Nachbarn und Mitkonkurrenten lenkt, beginnt unsere innerdeutsche Solidarität zu schwächeln.
Zum Teil planmäßig, etwa entlang der fallenden Linie des Solidarpakt II, teils unplanmäßig und politisch motiviert in Gestalt des drastisch gekürzten Korbes 2, aus dem unsere nationalen Investitionsförderprogramme gespeist werden.
In diesen Kontext passen auch die Turbulenzen der I- Zulage.
Die war von Januar bis April diesen Jahres ganz weg.
Nun ist sie wieder da und ist hoffentlich bis Ende 2006 eine verlässliche Größe.
Alle das hat auf unsere Mittelständler erhebliche Auswirkungen.
Ich habe in den letzten 8 Wochen etwa 2 Dutzend mittelständische Firmen besucht und allen die gleichen Fragen gestellt.
Der Befund war deutlich.
In Bezug auf die Wachstumsstrategien gibt es zwei Gruppen.
In einem Ort in der Oberlausitz sitzen zwei beispielhafte Vertreter dieser Gruppen aus dem Automobilzulieferbereich buchstäblich Zaun an Zaun nebeneinander
Die eine Gruppe sind Firmen deren Mütter in den alten Bundesländern oder irgendwo anders sitzen.
Dort kommen so Aussagen:
Der Chef hat beschlossen, dass wir dieses Jahr 30 Mio. am Standort in Ostsachsen investieren, damit wir den Innovationszyklus unserer Kunden mitgehen können.
Gleichzeitig machen wir noch in eine kleine Akquisition in Ungarn um zu gucken wie sich so etwas rechnet.
Die investiven Hilfen für das hiesige Engagement lassen wir uns natürlich nicht entgehen.
Die andere Firma, übrigens ebenso erfolgreich, hat zwei geschäftsführende Gesellschafter, die vor 15 Jahren nicht daran gedacht haben Unternehmer zu werden.
Auch die müssen die Innovationszyklen der Autofirmen mitgehen.
Sie können ihre Investitionsschritte aber nur so groß wählen, wie es ihre Liquidität und die Bereitschaft der Hausbank blanco zu finanzieren hergeben.
Das Vorhandensein und die Höhe von staatlichen Investitionshilfen ist für sie von erheblicher Bedeutung.
Sie sind bedeutsam für das Wachstumstempo, für den Aufwuchs von Arbeitsplätzen und auch für die Bereitschaft der Hausbank ihr Engagement mitzugehen.
Die Finanzierung eine Niederlassung in Osteuropa, wie es die Nachbarfirma tut, ist außerhalb ihrer Reichweite.
Wenn wir den originär sächsischen Firmen in den kommenden Jahren eine echte Chance geben wollen in diesem Umfeld weiter wachsen zu können und Arbeitsplätze zu generieren müssen wir sie weiter unterstützen.
Und zwar mit Investitionszuschüssen nach Maßgabe der EU , gegebenenfalls verbunden mit unseren zusätzlichen Finanzierungsinstrumenten.
Prof. Milbradt hat in seiner ersten Regierungserklärung als MP die Einrichtung einer Zukunftsinitiative "Mittelstandsfinanzierung" gefordert, die unter Leitung von Dr. Gillo nun bereits über ein Jahr arbeitet und deren Überlegungen sich auch in der Antwort der Staatsregierung auf unseren Antrag wiederfinden.
Diese Expertenrunde hat gestern wieder getagt.
Wichtig ist es, dass in dieser Initiative auch Bankenvertreter mitarbeiten.
Denn ohne die Akzeptanz der Hausbanken haben es moderne Finanzierungsinstrumente schwer an den Kunden zu kommen.
Die Akzeptanzskala der vorhandenen Hilfen ist gegenwärtig etwa so:
Ganz vorne liegt bei den Unternehmern die I- Zulage die ist ja netto,
dann kommt der GA- Zuschuss der ist brutto,
dem folgen die zinsgestützten Darlehen,
dann die verbürgten Darlehen,
gefolgt von den normalen Darlehen
und dann kommen erst die Leasinglösungen und die Beteiligungen unterschiedlicher Struktur.
Für so spezielle Produkte wie mezzanine Fonds interessieren sich eher Firmen die sehr an Wachsen sind wie etwa der Oberlausitzer Spülmittelhersteller FIT aus Hirschfelde.
Manche Firma hat sich gerade erst mit viel Kraft von hinderlichen Mitgesellschaftern der ersten Stunde getrennt und möchte eine neue Beteiligung nur dann eingehen wenn die Konditionen stimmen und wenn die Beteiligungspartner das gewachsene Vertrauen der Unternehmer besitzen.
In diesem Gebiet war in der Vergangenheit ja auch manch falscher Prophet unterwegs.
Trotzdem dürfen wir nicht müde werden für die Finanzierungsinstrumente der Zukunft zu werben. Dafür ist sicher auch unsere heutige Debatte hilfreich.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort zur aktuellen Situation der Investitionsförderung sagen.
Sachsen ist das einzige Land in den Neuen Bundesländern wo die Nachfrage nach GA- Zuschüssen der einzelbetrieblichen Investitionsförderung größer ist als das bereitstehende Volumen.
Diese Situation hat sich auch nicht verändert nachdem die Zugangskriterien durch den Freistaat etwas erschwert wurden sind.
Sachsen ist das einzige Land das im vollen Umfang die Kofinanzierung dieser Mittel darstellen konnte.
Darum konnten wir auch in den vergangenen Jahren Geld das in anderen Ländern nicht abgenommen wurde nach Sachsen lenken.
Wenn die Bundesregierung nun die Verpflichtungsermächtigungen für die nächsten 3 Jahre so kürzt wie angedroht, dann ist Sachsen der Hauptleidtragende.
Nirgends wird es dann so viele enttäuschte Unternehmer geben wie in Sachsen.
Nirgends würde die Entwicklungsdynamik so gebremst wie in Sachsen.
Soweit darf eigentlich das Parteienkalkül nicht gehen.
Die EU hat die Bedürftigkeit der hiesigen Unternehmen geprüft und auf den Maximalförderstatus Ziel 1 erkannt.
In der Radrennfahrersprache gesprochen, die Sachsenmannschaft hat um mithalten zu können vom Hauptschiedsrichter EU die Genehmigung für die Verwendung einer 0,5 Liter Trinkflasche bekommen.
Andere beneiden uns darum den sie haben keine Flasche gekriegt oder in Falle von Ziel 2 nur einen Flachmann.
Die EU hat uns die Flasche mit EFRE Mitteln sogar zu 20% gefüllt.
Den Rest der Flüssigkeit mut der nationale Coach einfüllen.
Weitere 50% bringt die I- Zulage in die Flasche.
Die restlichen 30% sind GA- Zuschuss.
Wenn die GA- Zulage für die nächsten 3 Jahre gekürzt würde wie beabsichtigt dann müssten wir trotz großer Flasche mit nur 70 % Füllung herum fahren.
Wir würden zwangsläufig an Boden verlieren.
Gegenwärtig sind die MP der neuen Bundesländer zu Gange um von EU- Kommissar Monti für die Etappen nach 2006 wieder die große Flasche zu bekommen.
Wir brauchen diese Flasche dringend. Dafür muss sich auch die SPD einsetzen, die ja auch in der sächsischen Mannschaft mitradelt.
Was für ein Bild gibt Deutschland ab wenn die EU die Bedürftigkeit der hiesigen Wirtschaft anerkennt und Deutschland durch die Reduzierung seiner Haushaltansätze das Gegenteil signalisiert.
Meine Damen und Herren die Herausforderungen an unsere sächsische Wirtschaft werden nicht geringer.
Nutzen wir den Spielraum den uns die EU noch einräumt so lange es ihn gibt. Nur so kann die Wirtschaft die notwendigen Pedalendruck entwickeln den man einfach braucht um so erfolgreich zu sein, wie wir es uns alle wünschen.
Sonntag, 30. Mai 2004
Rede zur Unternehmensfinanzierung gehalten von Heinz Lehmann MdL am 26. Mai 2004 im Plenum des Sächsischen Landtages
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