Rückblick: Berichtenswertes seit dem 113. AdR-Plenum (08./09. Juli 2015)
Heinz Lehmann MdL nahm am 01./02. September 2015 an der auswärtigen AdR-Präsidiumssitzung in Luxemburg teil anlässlich der luxemburgischen Ratspräsidentschaft. Im Mittelpunkt der Beratungen standen Debatten und Meinungsaustausche um das Thema „Neue Impulse für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit“.
Herr Lehmann MdL partizipierte am 07./08. September 2015 an der Fachexkursion der Fachkommission für Umwelt, Klimawandel und Energie (ENVE) nach Bristol (UK) zum Thema: „Bristol: European Green Capital 2015“.
Am 17. September 2015 referierte Herr Lehmann MdL bei dem auswärtigen Seminar „Gegenwärtige Herausforderungen für grenzüberschreitende Regionen in Europa“ der Fachkommission für Kohäsionspolitik und EU-Haushalt (COTER) in Liberec (CZ). Er gab den Teilnehmern einen Einblick in seine Erfahrungen und Tätigkeit als Landtagsabgeordneter mit einem Wahlkreis im Grenzgebiet zwischen Deutschland, Tschechien und Polen.
Herr Lehmann MdL nahm vom 28. bis 30. September 2015 an der auswärtigen Sitzung der Fachkommission für Wirtschaftspolitik (ECON) mit Konferenz in Gelsenkirchen teil. Drei Stellungnahmen wurden erörtert und angenommen, sodass diese beim AdR-Plenum am 03./04. Dezember 2015 behandelt werden können: „Die lokale und regionale Dimension des Abkommens zum Handel mit Dienstleistungen (TiSA)“, „Die lokale und regionale Dimension der Wirtschaft des Teilens“, „Eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union – Fünf Arbeitsschwerpunkte“. Die Konferenz trug den Titel: „Managing Structural Change – Regional Approaches to Strategic Cooperation“. Neben den Diskussionen zu den Chancen und Herausforderungen eines gelingenden Strukturwandels gab Gelsenkirchen als eine typische Stadt im Ruhrgebiet anschaulich Beispiel für positive wie negative Entwicklungen.
Vom 12. bis 14. Oktober 2015 tagte das Plenum des Europäischen Ausschusses der Regionen. Für den Freistaat Sachsen nahm das Mitglied Herr Heinz Lehmann MdL teil, der bis Mitte 2017 zum Vorsitzenden der Deutschen Delegation im AdR gewählt wurde. Im Zentrum der 114. Plenartagung standen die Erörterung und Verabschiedung von vierzehn Stellungnahmen sowie sechs Meinungsaustausche mit EU-Kommissaren.
Parallel zur Plenartagung fanden in Brüssel die „Open Days 2015“ statt. Die jährlich veranstalteten Open Days befassen sich mit der lokalen und regionalen Dimension der europäischen Politik. Ausgerichtet vom AdR und der EU-Kommission fanden in dieser Woche über 100 Veranstaltungen von Regionen, Städten und Kommunen Europas statt.
Zu TOP 8: „Die Europäische Bürgerinitiative (EBI)“
Einstimmig angenommen wurde die von Luc van de Brande (BE/EVP) rapportierte Initiativstellungnahme zur „Europäischen Bürgerinitiative“ – nach Abstimmung von 35 Änderungsanträgen. Die Europäische Bürgerinitiative war ein Verhandlungsergebnis beim Vertrag von Lissabon (Artikel 11 Absatz 4 Vertrag über die Europäische Union); umgesetzt in der Verordnung (EU) Nr. 11/2011. Die Bürgerinitiative stellt eine Ergänzung zur repräsentativen Demokratie der Europäischen Union dar, indem die Unionsbürger unmittelbar am politischen Prozess der Europäischen Union partizipieren können. Mittels einer erfolgreichen Initiative wird die Kommission aufgefordert, in einem in ihre Zuständigkeit fallenden Politikbereich einen Gesetzesvorschlag vorzubringen. Der Ausschuss der Regionen hält eine Überarbeitung der Verordnung für angebracht. Konkret problematisiert die Stellungnahme: Die Kommission prüft die Zulässigkeit einer Bürgerinitiative und ist zugleich deren Adressat. Um sich daraus ergebende Konflikte zu vermeiden, wird vorgeschlagen, einen „unparteiischen Ad-hoc-Ausschuss“ zu bilden, der über die Zulässigkeit befindet. In den drei Jahren seit Bestehen (ab 2012) wurden 51 Initiativen vorgeschlagen; 20 davon wurden allerdings nicht zugelassen; lediglich drei Initiativen erreichten am Ende die Zielmarke von einer Million Unterschriften. Aus diesen praktischen Erfahrungen leitet der Ausschuss der Regionen ab, die Anforderungen zu senken: Die Frist für die Sammlung von Unterstützungsbekundungen sollte auf 18 Monate verlängert werden statt einem Jahr. Die Unterschriften sind nicht mindestens in einem Viertel, sondern nur in einem Fünftel der Mitgliedstaaten zu sammeln. Ebenso sei durch die Einrichtung einer speziellen Beratungsstelle, die sachliches Know-how und Antworten zur Organisation und Durchführung einer Initiative liefert, die Arbeit der Initiatoren zu erleichtern. Schließlich bemerkt die Stellungnahme, die Partizipations- und Einflussmöglichkeiten mittels der Europäischen Bürgerinitiative werden in der Öffentlichkeit nur in einem geringen Maß wahrgenommen. Demzufolge sei die Steigerung ihrer Bekanntheit ein Gebot für alle europäischen Institutionen.
Zu TOP 9: „EU-Agenda für bessere Rechtsetzung“
Die Hauptberichterstattung der Stellungnahme „Bessere Ergebnisse durch bessere Rechtsetzung. Eine Agenda der EU“ lag bei Spyros Spyridon (EL/EVP). Nach Erörterung von 49 Änderungsanträgen erfolgte mit großer Mehrheit die Annahme im Plenum. Die auf Anlass des von der Juncker-Kommission angestoßenen Programms zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT, Regulatory Fitness and Performance Programme) erarbeitete Initiativstellungnahme unterstreicht, dass möglichst einfach gehaltene und qualitativ hochwertige Rechtsakte, die angemessen in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten überführt werden, Voraussetzung für die Vertiefung des Binnenmarkts und die Reduktion von Bürokratie sind. Die im Rahmen des Legislativprozesses erfolgenden öffentlichen Konsultationen sollten in ihrer Form erweitert werden, um die unmittelbar Betroffenen besser zu beteiligen, z. B. durch Kongresse, Workshops, Sachverständigengruppen. Zudem sei in der Konsultationspraxis die Repräsentativität und die Betroffenheit der Teilnehmer stärker zu berücksichtigen durch Testpanels, Definition von Ziel- bzw. Nutzergruppen. Generell wird angemahnt, die wichtigsten Texte einer jeden Konsultation in allen Amtssprachen der Europäischen Union zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus betont die Stellungnahme, im legislativen Evaluationsprozess sei die territoriale Folgenabschätzung - die Auswirkungen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften - intensiver zu behandeln. Des Weiteren appelliert der Ausschuss der Regionen an die Mitgliedstaaten, die zusätzlich erlassenen Regelungen im Rahmen der Umsetzung von europäischen Rechtsvorschriften explizit aus-zuweisen und zu begründen, damit für die Öffentlichkeit eindeutig ersichtlich ist, welche Verpflichtungen von der Europäischen Union kommen und welche das Ergebnis von nationaler Überregulierung sind. Schließlich begrüßt der Ausschuss der Regionen den Vorschlag des Europäischen Parlaments, „Verfallsklauseln“ für Legislativinitiativen und „Überprüfungsklauseln“ für in Kraft getretene Rechtsvorschriften einzuführen.
Zu TOP 10: „Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit: Bedarf es eines besseren Regelungsrahmens?“
Nikola Dobroslavić (HR/EVP) verantwortete als Hauptberichterstatter die Initiativstellungnahme „Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit: Bedarf es eines besseren Regelungsrahmens?“. Nach Abstimmung von 38 Änderungsanträgen nahm das Plenum den Stellungnahme-Entwurf einstimmig an. Die auf Initiative der luxemburgischen Ratspräsidentschaft erarbeitete Stellungnahme benennt zahlreiche Hindernisse, welche die wirtschaftliche Entwicklung in den Grenzregionen bremsen sowie den sozialen und territorialen Zusammenhalt hemmen, z. B. im Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht. Der Ausschuss der Regionen unterstreicht, vor allem die 2006 beschlossene und 2013 novellierte Verordnung der Europäischen Union zum „Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit“ (EVTZ) sei ein wichtiges wie bewährtes Rechtsinstrument zur Förderung grenzüberschreitender Zusammenarbeit, das in der Rückschau die komplexen und langwierigen Schritte zur Etablierung transnationaler Projekte auf regionaler und kommunaler Ebene merklich vereinfacht hat. Daher verneint die Stellungnahme die grundlegende Frage, ob ein besserer Regelungsrahmen bzw. inwieweit die Begründung neuer Rechtsvorschriften notwendig sei. Ein EVTZ ist eine juristische Person, die grenzüberschreitende, transnationale bzw. interregionale Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union fördern soll. Das Ziel ist die Einrichtung von Verbünden mit eigener Rechtspersönlichkeit zur Erbringung gemeinsam definierter Leistungen; Aufgaben, Laufzeit und sonstige Bedingungen sind in einer Kooperations-übereinkunft festgehalten; bei dem für die Übereinkunft anwendbaren Recht handelt es sich um das Recht des Mitgliedstaats, in dem der EVTZ seinen Sitz hat. Als Plattform für Multi-Level-Governance erlaubt er nationalen, regionalen und lokalen Behörden die gemeinsame und unmittelbare Kooperation in Projekten, ohne dass nationale Regierungen Verträge abschließen müssen; lediglich die teilnehmenden Gebietskörperschaften sind durch die jeweiligen Mitgliedstaaten zu genehmigen. Missstände sieht die Stellungnahme jedoch in einer unzureichenden Sensibilisierung und mangelnden Aufklärung betroffener lokaler und regionaler Gebietskörperschaften über die Einsatzmöglichkeiten und Potentiale der EVTZ-Verordnung.
Zu TOP 12: „Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)“
Anthony Gerard Buchanan (UK/EA) legte den Stellungnahme-Entwurf vor; insgesamt 14 Än-derungsanträge standen zur Diskussion; am Ende wurde das Papier mehrheitlich angenommen. Darin befürwortet der Ausschuss der Regionen grundsätzlich die weiteren Schritte zur Liberalisierung und Vereinfachung der GAP. Im Programmplanungszeitraum nach 2020 markiere vor allem die Ökologisierung der GAP eine wichtige Neuerung, denn die Glaubwürdigkeit der europäischen Agrarpolitik sei nur gesichert, wenn diese nicht nur die Lebensmittelproduktion, die Einkommen der Landwirte und die Entwicklung des ländlichen Raums fördert, sondern auch der Biodiversität und dem Klimaschutz Rechenschaft trägt. Bei der Neujustierung soll darüber hinaus die territoriale Dimension stärker im Blick stehen, denn zu erheblichen Teilen fällt die Umsetzung in die Zuständigkeit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften. Zwischen dem Gedanken der Subsidiarität und den Anforderungen an eine vergemeinschaftete Agrarpolitik resultiert ein Spannungsfeld. Aus einer stärkeren Dezentralisierung resultiert, dass die Mitgliedstaaten bzw. die Regionen Befugnisse erhalten, z. B. Direktzahlungen und Fördermittel zu konditionieren oder Mindestanforderungen eigenhändig zu definieren, wobei den Wettbewerb verzerrende Maßnahmen und Beeinträchtigungen der Kohärenz der europäischen Agrarpolitik zu unterbinden sind. Der Ausschuss der Regionen unterstreicht, die Bestimmungen zur neuen GAP sollen sicherstellen, dass nur diejenigen Landwirte profitieren, die tatsächlich Landwirtschaft betreiben; im Gegensatz zu „passiven Landwirten“, die in erster Linie die Subventions- und Fördermittelmöglichkeiten ausnutzen. Weiterhin hebt die Stellungnahme hervor, dass der Fonds zur Entwicklung des ländlichen Raums und die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds besser aufeinander abzustimmen seien, da sie gleichermaßen auf den politischen Zielen der Strategie Europa 2020 basieren; in dieser Hinsicht gelte es, Überschneidungen und Doppelförderungen zu verringern.
Zu TOP 14: „Entscheidungsprozess in Bezug auf genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel“
Nach Abstimmung eines einzigen Änderungsantrages billigte das Plenum die von Mark Weinmeister (DE/EVP) erarbeitete Stellungnahme einstimmig. Das Dokument verweist auf die Skepsis und mangelnde Akzeptanz in vielen Teilen der Bevölkerung gegenüber gentechnisch veränderten Organismen (GVO). Die Europäische Union verfügt über einen umfassen-den Rechtsrahmen für die Zulassung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln. Ohne Zulassung dürfen GVO nicht in Verkehr gebracht werden. Deswegen sei ein transparentes europäisches Genehmigungsverfahren wichtig. Über die Zulassung gentechnisch veränderter Lebens- und Futtermittel entscheidet der Ständige Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel, in dem alle Mitgliedstaaten vertreten sind und der in der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission institutionalisiert ist. Da in dem Ausschuss regelmäßig keine qualifizierten Mehrheiten für oder gegen Zulassungsvorschläge zustande kommen, muss am Ende die Kommission gemäß dem GVO-Rechtsrahmen eine Entscheidung über die Zulassungsvorschläge treffen. Daher plädiert der Ausschuss der Regionen dafür, dass eine positive Entscheidung der Kommission über eine Zulassung nur rechtswirksam wird, wenn ebenso der Ständige Ausschuss mit qualifizierter Mehrheit zustimmt. Auf diese Weise würden die Mitgliedstaaten bei diesen gesellschaftlich meist kontrovers diskutierten Entscheidungen in der Verantwortung gehalten. Den Vorschlag der Kommission, den Mitglied-staaten das Recht einzuräumen, auf nationaler Ebene Entscheidungen zur Beschränkung oder zum Verbot der Verwendung von auf EU-Ebene zugelassenen GVO in Lebens- und Futtermitteln zu erlassen, lehnt die Stellungnahme ab: Einerseits zeige die Kommission keine Wege auf, wie die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene solche Entscheidungen rechtssicher umsetzen können. Anderseits wäre ein nationales Verwendungsverbot angesichts des gemeinsamen Binnenmarkts, der globalen Warenströme sowie der Vielzahl der Prozessbeteiligten bei der Lebens- und Futtermittelherstellung – nicht mit vertretbarem Aufwand zu kontrollieren. Überdies: Der Ausschuss der Regionen unterstützt die Forderung nach klaren Regelungen der Kennzeichnung, sodass Verbraucher bewusste Kaufentscheidungen treffen können; eingedenk der Umsetzung der Kennzeichnung eingesetzter gentechnisch veränderter Futtermittel bei der Produktion tierischer Lebensmittel. Außerdem müsse die Kommission ihre Zusammenarbeit mit den nationalen bzw. regionalen für GVO zuständigen Behörden intensivieren.
Zu TOP 16: „Digitaler Binnenmarkt“
Die Berichterstattung zu dieser Initiativstellungnahme oblag Helma Kuhn-Theis (DE/EVP). Nach der Erörterung von 15 Änderungsanträgen wurde der Entwurf einstimmig angenommen. Mit zwei Änderungsanträgen konnte sich Herr Lehmann MdL erfolgreich in die inhaltliche Befassung einbringen (Anträge 2 und 13R). Die Stellungnahme fordert die „digitale Kluft“ zwischen Stadt und Land durch einen flächendeckenden Breibandausbau zu minimieren, um die Chancen auf gleichwertige Lebensverhältnisse zu wahren. Profitieren könnten die Bürger zudem durch die Verbesserung öffentlicher Dienstleistungen mittels „eGovernment“. Der AdR begrüßt die Anstrengungen der Kommission, einen tragfähigen Rahmen für den grenz-überschreitenden Online-Handel zu etablieren, damit einerseits Unternehmen ihre Produkte und Dienste europaweit anbieten können, anderseits sich für kleine und mittlere Unternehmen Direktvertriebswege – ohne Intermediäre – eröffnen. Zugleich müsse der grenzüber-schreitende Online-Handel für die Verbraucher Transparenz und Sicherheit gewährleisten. Die Stellungnahme unterstützt des Weiteren die Kommission in ihrem Anliegen, dass Urheberrecht zu harmonisieren – unter den Maßgaben, dass die Übertragung und Nutzung von Inhalten über die Landesgrenzen hinweg möglich ist und die Anreize für Urheber bzw. Produzenten nicht verloren gehen. Hinsichtlich des „Geoblocking“ teilt der AdR die Sicht der Kommission, dass dieses Verfahren in vielen Fällen aus Sicht der Verbraucher nicht nach-vollziehbar erscheint. Gerade im Interesse der 50 Millionen Europäer, die eine Minderheiten- oder eine in der Union weniger verbreitete Sprache sprechen, müssen grenzüberschreitende Lösungen für digitale Mediendienste gefunden werden, um die kulturelle und sprachliche Vielfalt Europas zu erhalten. Gleichwohl sind sich die Mitglieder des Ausschuss der Regionen bewusst, dass die Finanzierung audiovisueller Medieninhalte sowie die Vergabe von Lizenzen nach dem territorialen Prinzip funktionieren – dies müsse die Kommission ebenso bei ihren Legislativvorschlägen berücksichtigen.
Zu TOP 17: „Überprüfung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“
Die Initiativstellungnahme zur „Überprüfung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“ rapportierte Jean-François Istasse (BE/SPE). Das Plenum stimmte dazu 23 Änderungsanträge ab – der Antrag 22 von Herrn Lehmann MdL wurde angenommen und nahm am Ende den Entwurf einstimmig an. Die Überprüfung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste geboten aufgrund der technischen Entwicklung, der Zunahme grenzüberschreitenden Medienkonsums und der Vertiefung des Binnenmarkts sollte vor allem am Erhalt der kulturellen Vielfalt Europas orientiert sein: Die Ausgestaltung der territorialen Dimension sei unabdingbar, um die vielfältigen kulturellen Identitäten Europas zu bewahren. Wichtig sei als Grundsatz, den lokalen und regionalen Produzenten audiovisueller Inhalte einen gleichberechtigten Zugang zu den Nutzern zu gewährleisten. Der Schutz der Verbraucher, ihrer Privatsphäre und ihrer personenbezogenen Daten sei durch ein kohärentes und einheitliches Regelwerk zur Nutzung linearer wie nicht-linearer audiovisueller Mediendienste zu gewährleisten. Die Stellungnahme fordert die Kommission auf, den Begriff der „redaktionellen Verantwortung“ näher zu erläutern, welche die Tätigkeit eines Anbieters audiovisueller Mediendienste gemäß der geltenden Richtlinie auszeichnet, sodass sowohl die Erbringung der Dienstleistung als auch die damit verbundene rechtliche Verantwortung abgedeckt sind. Weiterhin gibt der Ausschuss der Regionen die Empfehlung, den Umgang mit allen Arten von sozialen Medien und digitalen Inhalten in die Lehrpläne der Schulen aufzunehmen. Darüber hinaus: Die Kommission müsse bei ihren Überlegungen zum „Geoblocking“ berücksichtigen, öffentlich finanzierte, kulturell besondere regionale und lokale audiovisuelle Inhalte EU-weit verfügbar zu halten. Die Stellungnahme appelliert, den Grundsatz der Territorialbindung des Urheberrechts gelte es zu bewahren, da er seine Wirksamkeit hinsichtlich der Vergütung der Urheber und der Förderung eines hochwertigen audiovisuellen Schaffens in Europa umfänglich bewiesen habe. Sie spricht sich zudem für die Übertragbarkeit der Rechte von Nutzern audiovisueller Mediendienste aus, insbesondere im Falle des grenzüberschreitenden Gebrauchs von audiovisuellen Abonnements.
Zu TOP 18: „Finanzierungsinstrumente zur Unterstützung der territorialen Entwicklung“
Die Berichterstattung zu dieser Initiativstellungname oblag Adam Struzik (PL/EVP). Nach der Diskussion von 26 Änderungsanträgen verabschiedete das Plenum das Papier einstimmig. Die Stellungnahme umreißt Vorschläge zur Änderung oder Ergänzung der Ausgestaltung und Anwendung von Finanzinstrumenten in der Förderperiode 2014-2020. Die Kommission verfolgt das Ziel, den Einsatz von Finanzinstrumenten, die mittels revolvierender Fonds um-gesetzt werden, auszubauen - also Darlehen, Beteiligungen oder Bürgschaften anstelle von Zuschüssen/Beihilfen. Grundsätzlich fordert die Stellungnahme einen verstetigten Dialog zwischen den Vertretern der Regionen, der Kommission, der Europäischen Investitionsbank und den Unternehmen, in dessen Rahmen die Auslegung der geltenden Rechtsvorschriften, die Auswirkungen der Umsetzung sowie auftauchende Probleme Erörterung finden können. Ziel des Einsatzes von EU-Finanzinstrumenten sollte es sein, dass Akteure, die keinen Zugang zum Kapitalmarkt haben, diesen zurückerlangen und auf lange Sicht wieder über den regulären Finanzmarkt Geldmittel beschaffen können. Des Weiteren: Die Auswirkungen eingesetzter Finanzinstrumente auf andere Formen der Finanzhilfe seien stärker zu antizipieren, etwa die Möglichkeiten von Synergieeffekten durch eine Verknüpfung bzw. Überschnei-dung von Instrumenten. Die Adressaten der Finanzinstrumente seien stärker zu informieren, um ihren Wissenstand über die optimale Nutzung und den Mehrwert der Instrumente zu verbessern, z. B. Kurse und Schulungen für die an der Umsetzung und Abrechnung beteiligten Verwaltungen und für regionale Finanzakteure. Angesichts zahlreicher lokaler und regionaler Gebietskörperschaften, die Schwierigkeiten beim Zugang zu EU-Mitteln haben, weil sie Kofi-nanzierungsanteile nicht aufbringen können, fordert der Ausschuss der Regionen die entsprechenden Finanzinstrumente weiterzuentwickeln.
Zu TOP 19: „EU-Haushaltsplanentwurf 2016“
Die Berichterstattung für diese Initiativstellungnahme hatte Uno Silberg (EE/EA) inne. Das AdR-Plenum stimmte insgesamt über 56 Änderungsanträge ab und nahm den Entwurf mehrheitlich an. Die Stellungnahme bemerkt, angesichts schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und knapper Finanzmittel sollte einer besseren Verwendung der Mittel so-wie der Wirtschaftlichkeit des Haushalts mehr Aufmerksamkeit als der Ausschöpfung des Finanzrahmens und der Einhaltung der Vorschriften zukommen. In der Kohäsionspolitik sieht der Ausschuss der Regionen die wichtigste Investitionsstrategie der Europäischen Union, mit der die Unterschiede zwischen den Regionen durch die Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts verringert werden sollen. Da der EU-Haushalt direkte und spürbare Auswirkungen auf die Haushalte der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften hat, mahnt die Stellungnahme die rechtzeitige Aufstellung und den ordnungsmäßen Vollzug des Jahreshaushalts an, um Berechenbarkeit und Planungssicherheit zu garantieren. Grundsätzlich erinnert der Ausschuss der Regionen die Kommission daran, die Haus-haltsregeln strikter zu beachten, die Ausgabenobergrenzen einzuhalten und einen ausreichenden Spielraum für unvorhergesehene Ausgaben zu schaffen. In der Debatte um die Reform der Eigenmittel fordert er die Einführung eines Eigenmittelsystems für die Europäische Union dadurch könne das Problem der ausstehenden Zahlungen gelöst bzw. zukünftig vermieden werden. Die Stellungnahme regt an, den Ausschuss der Regionen systematisch an den laufenden und kommenden Verhandlungen zum aktuellen Stand und zu den Prognosen für die Ausführung des Haushaltsplans zu beteiligen. Im Einzelnen kritisiert die Stellungnahme, dass keine ausreichenden Mittel als Reserve für die Krise in der Landwirtschaft vor-gesehen sind, z. B. für einen Ausgleich von Einkommenseinbußen der Landwirte aufgrund der Abschaffung der Milchquote oder aufgrund russischer Einfuhrverbote.
Zu TOP 20: „Maßnahmenpaket zur Steuertransparenz“
Nach Abstimmung von acht Änderungsanträgen billigte das AdR-Plenum einstimmig den Stellungnahme-Entwurf „Maßnahmenpaket zur steuerlichen Transparenz“ erarbeitet von Hicham Imane (BE/SPE). Damit unterstützt der Ausschuss der Regionen nachdrücklich das Anliegen, Steuerbetrug, Steuervermeidung und schädlichen Steuerwettbewerb zu bekämpfen. Vor allem multinationale Unternehmen sollen stärkeren Transparenzanforderungen unterliegen, beispielsweise sollte ein automatischer Austausch zwischen den Mitgliedstaaten sowie mit der Kommission bei Steuervorbescheiden und Vorabverständigungsvereinbarungen erfolgen, um den Steuermissbrauch grenzübergreifend tätiger Unternehmen zu Lasten der öffentlichen Haushalte in Europa einzudämmen. Allerdings kritisiert die Stellungnahme die Kommission dafür, keine konkreten Sanktionen gegen Mitgliedstaaten vorzuschlagen, die gegen derlei Transparenzvorschriften verstoßen. Des Weiteren begrüßen die AdR-Mitglieder, dass die Kommission in ihrem Aktionsplan zur Unternehmensbesteuerung Vor-schläge zur Angleichung der Körperschaftssteuersätze unterbreitet hat, um Steuerumgehung und schädlichem Steuerwettbewerb zu begegnen. Außerdem befürwortet die Stellungnahme das Vorhaben der Kommission, ihren Vorschlag vom März 2011 zur gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage erneut vorzubringen, nach dem Unter-nehmen zur Berechnung ihres zu versteuernden Gewinns nur die Regeln eines einzigen Steuersystems anzuwenden haben und es nicht länger zulässig ist, die verschiedenen nationalen Regeln der Mitgliedstaaten anzuwenden, in denen ein Unternehmen tätig ist.
Zu TOP 21; „Auf dem Weg zum Abschluss eines Weltklimaübereinkommens in Paris“
Nach Erörterung und Abstimmung von zwölf Änderungsanträgen nahm das Plenum die von Annabelle Jaeger (FR/SPE) rapportierte Stellungnahme mehrheitlich an; Zustimmung erhielt der von Herrn Lehmann MdL eingereichte Änderungsantrag 8; seine Anträge 2 und 3 fanden hingegen keine Mehrheit. Die Stellungnahme rekurriert auf die am 30. November 2015 beginnende 21. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Der Ausschuss der Regionen drängt nachdrücklich auf eine führende Rolle der Europäischen Union bei den internationalen Verhandlungen; sie solle sich für ein globales „Null-CO2-Ziel“ bis zum Jahr 2050 einsetzen; in ihrer Tragweite geht diese Forderung über die bisher vereinbarten EU-Klimaziele, die auch Sachsen unterstützt, weit hinaus. Die Stellungnahme fordert eine neue globale „Klimagovernance“, die auf den Grundsätzen der Multi-Level-Governance basiert: Neben den Staaten seien als Beteiligte die Städte und Regionen sowie nichtstaatliche Akteure einzubeziehen und deren Beitrag zum Klimaschutz hinreichend zu würdigen. Die Kommunen nähmen eine wichtige Rolle bei der Um- und Durchsetzung der nationalen Klimaziele ein, da sie maßgeblich für Verkehr, Mobilität, das Bauwesen und den Energiesektor Verantwortung tragen. Der Ausschuss der Regionen appelliert an die Europäische Union und andere Industriestaaten, im Vorfeld der Pariser Verhandlungen ein „Finanzpaket“ zur Unterstützung der Klimaanpassungs- und Emssionssenkungsmaßnahmen in den Entwicklungsländern anzukündigen. Er empfiehlt der Europäischen Union, den CO2-Preis auf ein adäquates Niveau zu erhöhen, um eine klimafreundliche Neuausrichtung der öffentlichen und privaten Investitionen zu ermöglichen; das Überangebot an Emissionsberechtigungen im EU-Emissionshandelssystem sei dauerhaft abzusenken. Weiterhin wirbt er für die Ausweitung des Bürgermeisterkonvents ein freiwilliges Übereinkommen der
Kommunen Europas zum Klimaschutz auf globaler Ebene, dadurch sollen weltweit Städte und Regionen ihre Anstrengungen im Hinblick auf quantifizierbare Emissionssenkungsziele intensivieren. Zudem empfiehlt die Stellungnahme, zugunsten der EU-Mitgliedstaaten zu erwägen, Investitionen zum Klimaschutz aus der Berechnung der Staatsverschuldung gemäß den Maastricht-Kriterien auszunehmen.
Zu TOP 23: „Paket ‚Energieunion‘“
Den Stellungnahmeentwurf zur „Energieunion“ erarbeitete Pascal Mangin (FR/EVP). Dazu erörterte das Plenum insgesamt 70 Änderungsanträge; der Antrag 53 von Herrn Lehmann MdL wurde abgelehnt; am Ende wurde die Stellungnahme mit großer Mehrheit verabschiedet. Als Schwerpunkt im Arbeitsprogramm der Kommission zielt die „Energieunion“ auf einen EU-weiten intelligenten Energieverbrauch, auf Energieeffizienz, auf Versorgungssicherheit und auf eine erhebliche Verringerung der CO2-Emissionen. Die Stellungnahme fordert die Kommission nachdrücklich auf, Leitlinien und Empfehlungen zur Harmonisierung der verschiedenen nationalen Förderregelungen, Subventionen und Steueranreize im Energiebereich vorzuschlagen; auch eine Reform des europäischen Emissionshandelssystems sei zu erwägen. Die regionale – subnationale – Zusammenarbeit stelle einen wichtigen Faktor für die Verwirklichung eines funktionsfähigen EU-Energiebinnenmarktes dar; denn gerade auf lokaler und regionaler Ebene werde die Energieunion umgesetzt. In diesem Sinne macht die Stellungnahme auf die EVTZ-Verordnung (Europäischer Verbund für territoriale Zusammen-arbeit) aufmerksam, die Maßnahmen für tragfähige und nachhaltige Energiekonzepte in Grenzregionen fördern kann und so die grenzübergreifende Energieintegration in Europa beträchtlich voranzubringen vermag. Insbesondere seien verbindliche grenzübergreifende Präventions- und Notfallpläne zwischen den Mitgliedstaaten notwendig, um sich etwa bei einer Gasversorgungskrise gegenseitig helfen zu können. Der Ausschuss der Regionen warnt darüber hinaus, die Förderung erneuerbarer Energiequellen müsse primär dezentral erfolgen, denn eine zentralisierte EU-weite Steuerung würde zu einem geringeren und langsameren Ausbau erneuerbarer Energiequellen führen. Lokale und regionale Projekte zur Energiesicherheit und -versorgung seien verstärkt zu initiieren, da sie die Energieabhängigkeit der Europäischen Union von externen Energiequellen und Lieferanten aus Drittländern verringern, zur Diversifikation der Energieerzeugung beitragen und auf diese Weise einen wertvollen Beitrag zur Energieaußenpolitik liefern. Die Stellungnahme schlägt vor, langfristig ein Gleichgewicht zwischen den EU-Ausgaben für grenzübergreifende Großinfrastrukturprojekte und für Projekte mit lokaler und regionaler Dimension anzustreben.
Die nächste AdR-Plenartagung findet vom 03. bis 04. Dezember 2015 in Brüssel statt.
Ausblick: Berichtenswertes seit dem 114. AdR-Plenum (12./13./14. Oktober 2015)
Als Mitglied der EVP-Fraktion im Ausschuss der Regionen besuchte Herr Lehmann MdL vom 21. bis 22. Oktober 2015 den EVP-Kongress („EPP 2015 Statutory Congress“) in Madrid (ES), der unter dem Titel „Making EU Investments Work in Regions and Cities“ veranstaltet wurde.
Vom 5. bis 7. November 2015 nahm Herr Lehmann MdL als Mitglied der AdR-Arbeitsgruppe „Türkei“ an deren Sitzung in Izmir (TR) teil. Des Weiteren wird er vom 11. bis 12. November 2015 das auswärtige Seminar der Fachkommission ECON zum Thema „Aufwertung der Verbindung zwischen Hochschule und Kleinunternehmen zur Ankurbelung des Wachstums“ in Le Mans (FR) besuchen.
Am 16. November 2016 wird der Ausschuss der Regionen einen „Tag der Erweiterung“ in Brüssel veranstalten, an dem alle mit Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik befassten AdR-Arbeitsgruppen bzw. Gemischt beratenden Ausschüsse zusammen tagen Herr Lehmann MdL hat seine Teilnahme zugesagt. Zudem wird er am 19. November 2015 bei der Sitzung der Fachkommission für Sozialpolitik, Bildung, Beschäftigung Forschung und Kultur (SEDEC) in Brüssel anwesend sein.
Die nächste Sitzung der Fachkommission ENVE wird am 20. November 2015 in Brüssel stattfinden; die nächste Sitzung der Fachkommission ECON am 10. Dezember 2015 ebenfalls in Brüssel.
Dienstag, 10. November 2015
Bericht über die 114. Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) am 12./13./14. Oktober 2015 in Brüssel
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