Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Gäste des Erzgebirgischen Weihnachtsmarktes, hier in den Räumen des Sächsischen Verbindungsbüros in Brüssel.
Ein Weihnachtsmarkt ist vielleicht etwas wie ein Kontrapunkt in der geschäftigen und manchmal sogar hektischen Atmosphäre des politischen Tagesgeschäfts.
Bis Heiligabend sind es noch exakt 36 Tage. Dann werden sich Maria und Josef wie in jedem Jahr vergeblich auf Herbergssuche begeben. Wie das ausgeht wissen wir. Gerade in diesem Jahr sind auch im wirklichen Leben viele tausende Menschen auf der Suche nach einer neuen Heimat. Das dieses Ängste weckt ist kein neues Phänomen.
Auch im Freistaat Sachsen hat es in der Geschichte immer wieder Einwanderungswellen gegeben.
Für die Erzgebirgsregion war es vor allem die Zeiten des Berggeschreis.
In drei Einwanderungswellen kamen um 1168, um 1470 und nach dem 2. Weltkrieg Bergleute, Köhler, Händler und Vagabunden nach Sachsen um zuerst nach Zinn, Eisen und Kupfer, sowie später nach Silber und Uran zu schürfen.
Sie brachten ihr Geschick, Fleiß und Risikobereitschaft ebenso mit wie ihre Religion und Kultur. Nicht umsonst findet man noch heute in der Erzgebirgsregion deutlich mehr unterschiedliche Religionsgemeinschaften als im übrigen Sachsenland.
Eines hatten sie aber gemeinsam. Sie sorgten durch ihrer Hände Arbeit und mit einer erstaunlichen ingenieurtechnischen Kompetenz dafür, dass Städte wie Schneeberg, Annaberg, Freiberg zu einer wirtschaftlichen und auch architektonischen Blüte gelangten, deren Zeugnisse wir heute noch bewundern können.
Und auch der Glanz unserer sächsischen Hauptstadt Dresden wäre ohne den Bergbau nicht möglich gewesen. Die Bergleute waren gläubige Menschen und sie hatten eine besondere Beziehung zum Licht.
Das ist nicht verwunderlich. Gerade in der dunklen Jahreszeit war es finster wenn sie in den Berg einfuhren, finster unter Tage und finster wenn ihr Tagewerk beendet war. Und diese Sehnsucht nach Licht, ließ sie gerade in der Adventszeit ihre Stuben und manchmal auch Häuser kunstvoll zu illuminieren.
Später entstand aus dieser Tradition ein Handwerk, das noch heute einer Anzahl von Erzgebirglern Lohn und Brot gibt.
Manches davon könne wir heute in der Avenue d‘Auderghem bestaunen und natürlich auch kaufen.
Vieles hat Bezug zum Bergbau. Die Lichterträger Bergmann und Engel, der Nussknacker im Bergmannsgewand,
der Schwibbogen als stilisiertes Mundloch, die Pyramide, die mechanischen Weihnachtsberge und das unvermeidliche Raachermannl. Letztere wurden sicherlich erfunden um den feierlichen Weihrauchduft der Christnacht aus der Kirche mit nach Hause zu tragen. Letztlich sorgten der Einfallsreichtum und das Geschick der bereits ansässigen und zugewanderten Erzgebirgler für das Weihnachtsflair welches wir heute hier bewundern können.
Liebe Gäste, wie sie hören können stamme ich nicht aus dem Erzgebirge, sondern aus der Oberlausitz. Meine Heimatstadt Neusalza-Spremberg liegt etwa auf halbem Wege zwischen dem Osterzgebirge und dem Riesengebirge Krkonose, die Region welche Kollege Branda vertritt.
Auch wir haben eine Tradition die ihren Ursprung in erzwungener Migration hat. Vor 370 Jahren suchten Glaubensflüchtlinge aus den Gebieten der heutigen Slowakei, aus Ungarn und Rumänien nach einer neuen Heimat und bekamen in Herrnhut, Niesky und auch in meiner Heimatstadt Siedlungsrecht.
Sie brachten uns ihr Zeichen der Hoffnung, den Stern von Bethlehem mit, der uns heute an der Avenue d’Auderghem begrüßt hat und dessen Produktion bis heute auch etlichen Menschen in der Oberlausitz ein Auskommen sichert.
Meine Damen und Herren genießen Sie die vorweihnachtliche Atmosphäre des diesjährigen erzgebirgischen Weihnachtsmarktes und denken sie ein wenig daran, dass die Exponate historisch das Ergebnis unterschiedlicher Einflüsse sind die sich aus Wanderungsbewegungen entstanden sind.
Nehmen wir das in Zeiten des Zweifels und der Suche als Quelle der Zuversicht heute mit nach Hause.
Ich erkläre den Erzgebirgischen Weihnachtmarkt des Jahres 2015 für eröffnet.
Glück auf!
Mittwoch, 18. November 2015
Rede zur Eröffnung des Erzgebirgischen Weihnachtsmarktes in Brüssel
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