Nein, wir sind nicht gegen die Anpassung der deutschen Sozialsysteme an die Erfordernisse der modernen Zeit.
Diese Anpassungen müssen aber Teil eines Masterplanes sein, der erkennen lässt wofür man sich die oft unangenehmen Dinge zumutet.
Für die Menschen muss das Ziel zu erkennen sein.
Das Ziel bleibt uns bisher, mit Verlaub, verborgen.
Was sie sehen ist:
1. Durch die Rot-Grüne Bundesregierung - und nur durch diese - soll auf Kosten der Leistungsschwächsten gespart werden.
2. Die Hauptlast der Anpassungen sollen die Menschen in den Neuen Bundesländern tragen.
Hier ist der Anteil der Menschen die von Arbeitslosenhilfe leben deutlich höher als in
den Alten Bundesländern.
Wenn gegenwärtig ein Bezieher von Arbeitslosenhilfe 700 Euro erhält, im Durchschnitt sind
es etwa 640 Euro, ohne die eigenen Vermögensverhältnisse offen legen zu müssen, erhält er als Haushaltvorstand eine Bedarfsgemeinschaft 334 Euro.
Dazu muss er detailliert seine Vermögensverhältnisse offen legen und gegebenenfalls vorher verbrauchen.
Das betrifft den Bausparvertrag ebenso wie ein höherwertiges Auto oder den ererbten Schmuck der Oma.
3. Durch die Fokussierung der Hilfen auf die so genannten Bedarfsgemeinschaften werden 15 bis 25% der aktuellen Empfänger in Zukunft leer ausgehen.
Vermeidungsstrategien wie das Beziehen getrennter Wohnungen sind bereits in vollem Gange.
4. Den kommunalen Gebietskörperschaften werden zusätzliche Lasten aufgebürdet, ohne für einen fairen Ausgleich zu sorgen.
5. Die Kommunalisierung in Form des Optionsmodelles wurde verhindert um die Beschäftigung bei den Agenturen für Arbeit zu sichern.
Das ist offensichtlich für Rot- Grün eine Machtfrage.
6. Den Kommunen wird die Chance verwehrt die Anpassung der Sozialsysteme zu nutzen, um die einfachen Arbeiten die in der Kommune immer anfallen, regelmäßig von Leistungsbeziehern erledigen zu lassen.
Fazit: Panik in Berlin, Panik bei der Sachsen SPD.
Die Sachsen SPD ist munter geworden, hat gestern eine Pressemitteilung geschaltet, da sie nun plötzlich merkt, dass eine Ostkomponente fehlt und dass eine Ostkomponente eingeführt werden soll. Wenn das in Berlin gehört wird, hat ja unsere heutige Debatte bereits ihren Zweck erfüllt.
Was durch die Rot-Grüne Bundesregierung als Modernisierung der Sozialsysteme angeboten wird ist schludrig, Für den Osten ungenießbar und nicht Ziel führend.
Besondere Anschlussregelungen, die in Bezug auf die Wirtschaft notwendig wären, fehlen gänzlich.
Die Unionsparteien haben Vorschläge vorgelegt das Konzept zu qualifizieren.
Ich denke Ministerpräsident Prof. Milbradt wird das heute im Bundestag noch einmal vortragen.
Aus einem reinen Sparkonzept könnte ein Gesetz werden was die Hilfsbedürftigen aktiviert und sie unter Nutzung der kommunalen Möglichkeiten schrittweise wieder in Arbeit bringt.
Wir verlangen die Einführung von Hartz II so lange zu verschieben bis nach einer gemeinsamen Kraftanstrengung aus dem hässlichen Frosch doch noch ein halbwegs ansehnlicher Prinz wird.
Wie wollen keine neue Maut- Katastrophe für die Schwächsten im Freistaat Sachsen.
Ich war vor einigen Tagen bei den Bürgermeistern meines Landkreises zu Gast.
Auf der Agenda stand neben den kommunalpolitischen Tagesthemen auch ein Sachstandsbericht des Landrates über die Umsetzungsperspektiven von Hartz II.
Nun sind die Tagesprobleme der Kommunen wirklich nicht von Pappe.
Aber man kennt die Handlungsoptionen und kann mit ihnen ohne größere Emotionsausbrüche umgehen.
Ganz anders bei Hartz IV.
Beim Vortrag des Landrates waren einige Bürgermeister nahe daran, durch die Decke zu gehen.
Denn 220 Tage vor dem durch die Bundesregierung vorgegebenen Startschuss scheint die Situation noch total konfus.
1. Kritikpunkt: Das Optionsmodell, was am 19.12.2003 die Grundlage der Einigung im Vermittlungsausschuss war, spielt in den Überlegungen der Bundesregierung offensichtlich keine Rolle.
Das erfüllt den Tatbestand der Täuschung.
2. Kritikpunkt: Die Verordnung des BMWA, die Basis für die Arbeit der Verwaltungen sein soll liegt bisher nur im Entwurf vor.
Gleiches gilt für die Anträge auf das ALG II.
3. Kritikpunkt: Zur Frage der Erstattung der auf die Landkreise und Kommunen zukommenden Mehrkosten gibt es immer noch keine Aussage.
Nur eines ist den Kommunen bereits jetzt klar:
Es wird ab dem 1. Januar 2005 eine erhebliche Anzahl von Bürgern geben, die vor einer ganz bitteren Alternative stehen:
Entweder mit deutlich weniger Geld als bisher auskommen oder ihren Wohnort zu verlassen, um irgendwo anders in Deutschland Arbeit zu finden.
Beides sind Aussichten, die Bürgermeister und Landräte schon einmal die Fassung verlieren lassen.
Denn weniger Einkommen bedeutet weniger Geld in den regionalen Wirtschaftskreisläufen.
Weniger Einwohner bedeutet geringere Umlagekraft in unseren sächsischen Kommunen.
Im konkreten Fall ist das so:
Im Landkreis Löbau-Zittau gibt es heute 4.200 Sozialhilfeempfänger und 13.600 Empfänger von Arbeitslosenhilfe.
Die Landkreisverwaltung kommt bisher für die 4.200 Fälle HLU Hilfe zum Lebensunterhalt inklusive Leistungen nach SGB II wie Wohngeld und Heizkostenzuschuss auf.
Die Arbeitsagentur - in diesem Falle ist es Bautzen - verwaltet und finanziert 13.600 Empfänger von Arbeitslosenhilfe.
Insgesamt sind das 17.800 betroffene Menschen - im Beamtendeutsch Fälle.
Alle diese Personen müssen den Bezug von ALG II auf einem 6-seitigen Formular neu beantragen.
Ich habe mir den Antrag beschafft und kann mir lebhaft vorstellen, dass ihn sehr viele Betroffene nicht ohne fremde Hilfe werden ausfüllen können.
Nach dem Willen der Bundesregierung soll diese Hilfe für die Sozialhilfeempfänger durch die Landratsämter erfolgen.
Zu diesem Zwecke müssen eigens Bedienstete qualifiziert werden.
Damit nicht genug.
Auch die Annahme der Anträge und die Erstberechnung der ALG II Bezüge sollen die Landratsämter erledigen.
Erstattung der Mehrkosten: Fehlanzeige!
Sind die 4.200 Fälle dann der Arbeitsagentur überstellt sind die Schwierigkeiten nicht zu Ende.
Die Arbeitsagentur zahlt dann wohl das ALGII aus, nicht aber die Ansprüche auf Wohngeld und Heizkostenzuschüsse.
Die richten sich weiterhin gegen die Landkreise.
Und zwar nicht wie bisher 4.200 Fälle sondern 17.800 Fälle.
Das kommt dem Landkreis teuer zu stehen.
Proberechnungen ergeben eine Summe von 35 Mio. Euro.
Das sind 26 Mio. Euro mehr als der Status quo.
Ich halte das für einen unakzeptablen Zustand und bitte die Staatsregierung alle Mittel zu nutzen um im Interesse der Kommunalen Gebietskörperschaften und der Betroffenen von der Bundesregierung Klarheit zu verlangen oder den Einführungszeitpunkt des Projektes so lange zu verschieben bis die Klarheit da ist.
Aus der Wirtschaft erreichen uns gegenwärtig in der Tat unterschiedliche Botschaften.
Während es den in der Regel multinationalen Kapitalgesellschaften mit Sitz in Deutschland, zumindest gemessen an den Bezügen der Top Manager, gut zu gehen scheint , haben die Mittelständler wie sie für Sachsen typisch sind ordentlich zu kämpfen.
Die Herausforderungen die parallel oder in regelmäßigen Abständen auf die Firmen zu kommen sind nicht von Pappe.
Erst mussten sie sich in die neue Marktwirtschaft hinein finden, sie mussten Helfer von Scharlatanen unterscheiden lernen.
Unmittelbar darauf kamen die Erfordernisse der Globalisierung ins Spiel,
die Bankenprobleme aus Fernost beeinflussten über einige Zwischenstationen das Verhalten der Hausbanken, eine Entwicklung die nun in Gestalt von Basel II bei und angekommen ist.
Parallel dazu schien die IT- Blase ins Unermessliche zu wachsen.
Der amerikanische Weg war en vogue :
Start mit einem venture capital, danach bei Bedarf ein mezzanine loan und kurz darauf going publik an der Börse.
Die Kurse are hitting trough the roof und alle werden reich und happy.
Für viele Banken erschien das Firmenkundenkreditgeschäft eine lästige Übung aus vergangener Zeit.
Vermögensverwaltung und Anlageberatung schienen die gewinnbringenden Felder der Zukunft.
Dann kam der Euro, nun die EU- Erweiterung.
Inzwischen verbraucht China die Massenstähle selber die es produziert die Stahlpreise haben sich verdoppelt, für manche Qualitäten gibt es Lieferzeiten von 200 Tagen.
Dazu kommt nun noch der Ölpreis.
Alle diese Herausforderungen haben die sächsischen Firmen, die heute noch am Markt sind erfolgreich bestanden.
Dafür meinen ausdrücklichen Respekt.
Manches von dem, worüber wir uns heute freuen, wäre ohne die vielfältigen Hilfen der EU, des Bundes und des Landes nicht möglich geworden.
Die Herausforderungen haben aber kein Ende.
Parallel zur EU- Erweiterung, die nun auch substanzielle Hilfen aus Brüsseler Kassen zu unseren direkten Nachbarn und Mitkonkurrenten lenkt, beginnt unsere innerdeutsche Solidarität zu schwächeln.
Zum Teil planmäßig, etwa entlang der fallenden Linie des Solidarpakt II, teils unplanmäßig und politisch motiviert in Gestalt des drastisch gekürzten Korbes 2, aus dem unsere nationalen Investitionsförderprogramme gespeist werden.
In diesen Kontext passen auch die Turbulenzen der I- Zulage.
Die war von Januar bis April diesen Jahres ganz weg.
Nun ist sie wieder da und ist hoffentlich bis Ende 2006 eine verlässliche Größe.
Alle das hat auf unsere Mittelständler erhebliche Auswirkungen.
Ich habe in den letzten 8 Wochen etwa 2 Dutzend mittelständische Firmen besucht und allen die gleichen Fragen gestellt.
Der Befund war deutlich.
In Bezug auf die Wachstumsstrategien gibt es zwei Gruppen.
In einem Ort in der Oberlausitz sitzen zwei beispielhafte Vertreter dieser Gruppen aus dem Automobilzulieferbereich buchstäblich Zaun an Zaun nebeneinander
Die eine Gruppe sind Firmen deren Mütter in den alten Bundesländern oder irgendwo anders sitzen.
Dort kommen so Aussagen:
Der Chef hat beschlossen, dass wir dieses Jahr 30 Mio. am Standort in Ostsachsen investieren, damit wir den Innovationszyklus unserer Kunden mitgehen können.
Gleichzeitig machen wir noch in eine kleine Akquisition in Ungarn um zu gucken wie sich so etwas rechnet.
Die investiven Hilfen für das hiesige Engagement lassen wir uns natürlich nicht entgehen.
Die andere Firma, übrigens ebenso erfolgreich, hat zwei geschäftsführende Gesellschafter, die vor 15 Jahren nicht daran gedacht haben Unternehmer zu werden.
Auch die müssen die Innovationszyklen der Autofirmen mitgehen.
Sie können ihre Investitionsschritte aber nur so groß wählen, wie es ihre Liquidität und die Bereitschaft der Hausbank blanco zu finanzieren hergeben.
Das Vorhandensein und die Höhe von staatlichen Investitionshilfen ist für sie von erheblicher Bedeutung.
Sie sind bedeutsam für das Wachstumstempo, für den Aufwuchs von Arbeitsplätzen und auch für die Bereitschaft der Hausbank ihr Engagement mitzugehen.
Die Finanzierung eine Niederlassung in Osteuropa, wie es die Nachbarfirma tut, ist außerhalb ihrer Reichweite.
Wenn wir den originär sächsischen Firmen in den kommenden Jahren eine echte Chance geben wollen in diesem Umfeld weiter wachsen zu können und Arbeitsplätze zu generieren müssen wir sie weiter unterstützen.
Und zwar mit Investitionszuschüssen nach Maßgabe der EU , gegebenenfalls verbunden mit unseren zusätzlichen Finanzierungsinstrumenten.
Prof. Milbradt hat in seiner ersten Regierungserklärung als MP die Einrichtung einer Zukunftsinitiative "Mittelstandsfinanzierung" gefordert, die unter Leitung von Dr. Gillo nun bereits über ein Jahr arbeitet und deren Überlegungen sich auch in der Antwort der Staatsregierung auf unseren Antrag wiederfinden.
Diese Expertenrunde hat gestern wieder getagt.
Wichtig ist es, dass in dieser Initiative auch Bankenvertreter mitarbeiten.
Denn ohne die Akzeptanz der Hausbanken haben es moderne Finanzierungsinstrumente schwer an den Kunden zu kommen.
Die Akzeptanzskala der vorhandenen Hilfen ist gegenwärtig etwa so:
Ganz vorne liegt bei den Unternehmern die I- Zulage die ist ja netto,
dann kommt der GA- Zuschuss der ist brutto,
dem folgen die zinsgestützten Darlehen,
dann die verbürgten Darlehen,
gefolgt von den normalen Darlehen
und dann kommen erst die Leasinglösungen und die Beteiligungen unterschiedlicher Struktur.
Für so spezielle Produkte wie mezzanine Fonds interessieren sich eher Firmen die sehr an Wachsen sind wie etwa der Oberlausitzer Spülmittelhersteller FIT aus Hirschfelde.
Manche Firma hat sich gerade erst mit viel Kraft von hinderlichen Mitgesellschaftern der ersten Stunde getrennt und möchte eine neue Beteiligung nur dann eingehen wenn die Konditionen stimmen und wenn die Beteiligungspartner das gewachsene Vertrauen der Unternehmer besitzen.
In diesem Gebiet war in der Vergangenheit ja auch manch falscher Prophet unterwegs.
Trotzdem dürfen wir nicht müde werden für die Finanzierungsinstrumente der Zukunft zu werben. Dafür ist sicher auch unsere heutige Debatte hilfreich.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort zur aktuellen Situation der Investitionsförderung sagen.
Sachsen ist das einzige Land in den Neuen Bundesländern wo die Nachfrage nach GA- Zuschüssen der einzelbetrieblichen Investitionsförderung größer ist als das bereitstehende Volumen.
Diese Situation hat sich auch nicht verändert nachdem die Zugangskriterien durch den Freistaat etwas erschwert wurden sind.
Sachsen ist das einzige Land das im vollen Umfang die Kofinanzierung dieser Mittel darstellen konnte.
Darum konnten wir auch in den vergangenen Jahren Geld das in anderen Ländern nicht abgenommen wurde nach Sachsen lenken.
Wenn die Bundesregierung nun die Verpflichtungsermächtigungen für die nächsten 3 Jahre so kürzt wie angedroht, dann ist Sachsen der Hauptleidtragende.
Nirgends wird es dann so viele enttäuschte Unternehmer geben wie in Sachsen.
Nirgends würde die Entwicklungsdynamik so gebremst wie in Sachsen.
Soweit darf eigentlich das Parteienkalkül nicht gehen.
Die EU hat die Bedürftigkeit der hiesigen Unternehmen geprüft und auf den Maximalförderstatus Ziel 1 erkannt.
In der Radrennfahrersprache gesprochen, die Sachsenmannschaft hat um mithalten zu können vom Hauptschiedsrichter EU die Genehmigung für die Verwendung einer 0,5 Liter Trinkflasche bekommen.
Andere beneiden uns darum den sie haben keine Flasche gekriegt oder in Falle von Ziel 2 nur einen Flachmann.
Die EU hat uns die Flasche mit EFRE Mitteln sogar zu 20% gefüllt.
Den Rest der Flüssigkeit mut der nationale Coach einfüllen.
Weitere 50% bringt die I- Zulage in die Flasche.
Die restlichen 30% sind GA- Zuschuss.
Wenn die GA- Zulage für die nächsten 3 Jahre gekürzt würde wie beabsichtigt dann müssten wir trotz großer Flasche mit nur 70 % Füllung herum fahren.
Wir würden zwangsläufig an Boden verlieren.
Gegenwärtig sind die MP der neuen Bundesländer zu Gange um von EU- Kommissar Monti für die Etappen nach 2006 wieder die große Flasche zu bekommen.
Wir brauchen diese Flasche dringend. Dafür muss sich auch die SPD einsetzen, die ja auch in der sächsischen Mannschaft mitradelt.
Was für ein Bild gibt Deutschland ab wenn die EU die Bedürftigkeit der hiesigen Wirtschaft anerkennt und Deutschland durch die Reduzierung seiner Haushaltansätze das Gegenteil signalisiert.
Meine Damen und Herren die Herausforderungen an unsere sächsische Wirtschaft werden nicht geringer.
Nutzen wir den Spielraum den uns die EU noch einräumt so lange es ihn gibt. Nur so kann die Wirtschaft die notwendigen Pedalendruck entwickeln den man einfach braucht um so erfolgreich zu sein, wie wir es uns alle wünschen.